23 Dezember 2023

Ilse Bongardt (Hrsg.): Da kam an der Menschen Licht – Ein Buch zur Weihnacht


„Da kam an der Menschen Licht ...“: Die beispiellose Botschaft von der Geburt Jesu Christi, wie sie um 830 in dieser Verszeile des „Heliand“ Wort und Klang gewann, hat zu allen Zeiten seit der Verkündigung an die Hirten auf dem Felde bei Bethlehem stets aufs neue auch Dichter und bildende Künstler bewegt. In Jubel und Lobpreis, in Mahnung und Ermutigung, in ringendem Zweifel oder in glaubensstarker Zuversicht haben sie die Weihnachtsbotschaft weitergetragen und auf ihre Welt und Zeit bezogen, was der Engel kundtat: „Fürchtet Euch nicht!" ... „Und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen.“
Unser Buch zur Weihnacht vereint Textbeiträge aus mehr als einem Jahrtausend, vom „Heliand“ und dem „Arnsteiner Mariengebet“ bis zu Gedichten, Erzählungen und essayistischen Skizzen unserer Tage. Unter den Autoren, gebürtig aus vielen europäischen Ländern, finden sich namhafte Dichter vergangener Jahrhunderte wie Luther, Simon Dach, Novalis, Brentano, Rilke, Dostojewski und Jessenin, und unter den Bildkünstlern begegnen dem Betrachter mit faszinierenden Werkausschnitten zum Beispiel Tilman Riemenschneider, Lucas Cranach d. A., Antonio Rosselino und ein Meister der Umbrischen Schule.
So breit gefächert indes auch erfaßt sein mag. was Repräsentanten des Erbes der Weihnachtsbotschaft und ihrer Leuchtkraft in Wort, Farbe und Kontur abgewannen – dominierend in der vorliegenden Sammlung sind Texte und Grafiken von Künstlern unseres Jahrhunderts. Fern jeder Unverbindlichkeit, nahe den verpflichtenden Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen in jüngster Vergangenheit und Gegenwart, suchen sie zu erhellen, was Weihnacht heute bedeutet oder bedeuten sollte und zu welchem Ziel und Handeln es jeden herausfordert und begabt, dem die Verkündigung über zwei Jahrtausende hin lebendige Botschaft ist und bleibt. Allein 35 DDR-Autoren kommen zu Wort, unter ihnen Johannes Bobrowski, Bertolt Brecht, Hanns Cibulka, Louis Fürnberg, Uwe Grüning, Christa Johannsen, Hanna-Heide Kraze, Renate Krüger, Dietrich Mendt, Anneliese Probst, Tine Schulze Gerlach und Gottfried Unterdörfer. Schätzenswert sind die zumeist kritisch geprägten Beiträge solcher Schriftsteller aus der BRD wie Albrecht Goes, Manfred Hausmann oder Siegfried Lenz. Und reichhaltiger als bisherige Anthologien gleicher Thematik bietet unsere Sammlung Proben aus dem Erbe und aus der zeitgenössischen Literatur der sozialistischen Freundesländer: so aus der Sowjetunion, der Volksrepublik Polen, der CSSR, der Ungarischen Volksrepublik, der Volksrepublik Bulgarien, der Sozialistischen Republik Rumänien und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien.
Bereichert wird das Buch zur Weihnacht durch 24 Bildtafeln – acht von ihnen in farbiger Wiedergabe – und durch 20 Grafiken, die Künstler der DDR geschaffen haben.

Buchanfang:
Albrecht Goes
Weihnachten in der Dichtung

Wer die Bezirke der Malerei und der Musik nach weihnachtlichem Gut durchforscht, sieht sich in jeder Epoche der abendländischen Geschichte einer Fülle gegenüber: vom frühmittelalterlichen Altarbild bis zu Martin Schongauer und von da bis zur Gegenwart, von „Es ist ein Ros entsprungen“ bis zu Hugo Wolfs „Schlafendem Jesuskind“, und weiter bis zu Hugo Distler geht es treppauf und treppab. Im Bereich der Dichtung aber will uns ein so verschwenderisches Glück nicht zuteil werden. Woher kommt das? Die Sprache ist ein gestrenger Herr, unter den Herren der Kunst der strengste. Zu keiner Zeit kann es die dichterische Aussage mit der Flunkerei halten, auch nicht mit dem schönen Ungefähr; noch im träumerischsten Gebilde ist es ihre Würde und ihr Anspruch, genau zu sein: in dem Maß, in dem sie auf diese Genauigkeit verzichtet, verliert sie an Substanz und Glaubwürdigkeit. Weihnachten nun ist, bei Licht betrachtet, nicht vielerlei, sondern eines: nämlich die Verkündigung der Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem. Es ist das Mysterium, welches die Christenheit aller Sprachen und Konfessionen gemeinsam kniend verehrt: „O Bündnis des Lebens mit unserem Tod!“ Dies ist die Mitte. Weihnachten in der Dichtung umkreist diese Mitte in mancherlei Nähe und mehr noch in mancherlei Ferne.
Im innersten Kreis steht das Weihnachtsevangelium selbst, der heilige Text aus Lukas, Kapitel 2, auf uns gekommen in Martin Luthers Verdeutschung: ein höchstes Stück Dichtung als Verkündigung. Unvergeßlich und unverwechselbar in der Einfalt des Anbeginns: „Es begab sich aber ...“, ein Gebilde voll inniger Musik und voll Lautmalerei: „... denn euch ist heute der Heiland geboren.“
Weniges nur darf in die unmittelbare Nähe dieses Grundtextes der Weihnacht treten. Vielleicht das Gespräch des Kirchenvaters Hieronymus aus dem fünften Jahrhundert, vielleicht aus der ältesten deutschen Dichtung die Strophe, die anhebt:
     Er ist gewaltig und stark,
     Der zur Weihnacht geboren ward.
     Das ist der heilige Christ,
     Ja, lobt ihn, alles, was da ist!
Gewiß dann das Lied Luthers, am Christtag zu singen: „Das ewig Licht geht da herein, gibt der Welt ein'n neuen Schein.“ ......

Inhalt:
   5   Albrecht Goes: Weihnachten in der Dichtung
   7   Aus dem „Heliand": Da kam an der Menschen Licht
   9   Uwe Seidel: Der große Lobpreis
 11   Karl Bongardt: Verkündigung
 12   Gertrud von Le Fort: Advent
 12   Novalis: Wo bleibst du Trost...
 14   Renate Krüger: Geformtes und Erfaßtes
 19   Simon Dach: Ein großes Licht
 21   Dagmar Nick: Christi Geburt
 22   Jan Dobraczyński: Das Brot der Heiligen Nacht
 26   Jobann Heermann: Am Tage der Heimsuchung Mariae
 27   Klaus-Peter Hertzsch: Die verborgene Geschichte der Alltäglichkeiten
 30   Joachim Dachsel: Persona Dei
 31   Nikolai Tichonow: Ein neuer Mensch
 34   Manfred Hausmann: Heilige Nacht
 35   Antwort Mariae auf den Gruß der Engel
 36   Rainer Maria Rilke: Brief an seine Mutter Phia Rilke
 37   Manfred Haustein: Kind von Bethlehem
 40   Stanislav Labodný: Bethlehemer Apokryph
 43   Bertolt Brecht: Maria
 45   Georg von Gynz-Rekowski: Es kommt ein Schiff... 46 Es kommt ein Schiff ...
 47   Siegfried Berger: Der Helfer der Hirten
 51   Martin Luther: Christlied
 52   Louis Fürnberg: Die laute Nacht zu Bethlehem
 58   Elin Pelin: Der Esel von Bethlehem
 61   Friedrich von Bodelschwingh: Das Wort der Weihnacht
 63   Lucian Blaga: Weihnachtslied für Dorli
 63   Wolfgang Fietkau: Geburt in Bethlehem
 68   Arnsteiner Mariengebet
 70   Clemens Brentano: Wiegenlied
 71   Artbur Konrad Haumann: Den die Hirten lobeten sehre..."
 74   Auf, auf nun, ihr Hirten
 75   Gábor Tburzó: Der verspätete Hirt
 81   Christoph Eisenbuth: Bethlehem
 81   Martin Zeim: Weihnachten was soll's?
 85   Sergei Jessenin: O Mutter Gottes
 86   Jeban le Poure Moyne: Zwischen Ochs und Esel
 89   Friedrich Spee: Ein kurz poetisch Christgedicht vom Ochs und Eselein bei der Krippen
 90   Marianne von Willemer: Weihnachtlicher Briefwechsel
 93   Frau Rat Goethe: Brief an Luise von Göchhausen
 94   Tine Schulze Gerlach: Als Großmutter aus allen Himmeln kam
 99   Eduard Mörike: Der Liebsten zum Heiligen Christ 1829
100  Christa Jobannsen: Unterwegs bis zum Ende dieser Nacht 108 Götz Doye: Hirten auf dem Feld
108  József Vámos: Ich liebe den weißen Christus nicht
110  Jürgen Henkys: Ich bin ein Gast gewesen
111  Siegfried Leng: Risiko für Weihnachtsmänner
115  Wolfgang Sachse: Gestern und in Ewigkeit
117  Eduard Petiška: O du fröhliche...
123  Zdeněk Svoboda: Poesie der Weihnacht
125  Josef Reding: Mister Larrybees Leuchtturm
131  Colinda (Weihnachtslied)
132  Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Der Junge beim Herrn Jesus zur Weihnacht
138  Gottfried Unterdorfer: Die Hirten
139  Gottfried Hänisch: Offener Brief an einen unbekannten Hirten
142  Martha Weber: Rettendes Licht
143  Margareta Meley-Fiebig: Der Hirt
154  Jochen Klepper: Kriegs-Weihnachtsurlaub / Abendmahlslied zu Weihnachten
157  Hanns Cibulka: Christfest in K
160  Kazimiera Illakowiczówna: Eiapopeia
161  Fred Reinke: Der Engel Jadwinia
164  Angelus Silesius: Spruch
164  Borisav Stanković: Unser Weihnachtsfest
171  Rub Schaumann: Die drei Weisen
173  Johannes Bobrowski: Unordnung bei Klapat
176  Wladyslaw Orkan: Heiligabend
182  Werner Bergengruen: Kaschubisches Weihnachtslied
183  Gudrun Skulski: Von Pfefferkuchen, Marzipan und Modeln
187  Ria Zenker: Im ovalen Rahmen
190  Joachim Lehmann: Lange Reise
192  Barbara Faensen: Als es um Mitternacht klingelte...
196  Maria im Kloster
197  Barbara Augustin: Antonella und ihr Weihnachtsmann
202  Hanna-Heide Kraze: La petite madame
204  Paul Gerhardt: Ich steh an deiner Krippen hier
207  Anneliese Probst: Die Puppe Alice
212  Lieb Nachtigall wach auf!
213  Dietrich Mendt: Das fehlende Ohrläppchen
217  Hubert Gerlach: Die bunte Frau
220  Adelheid Christoph: Die Botschaft
222  Norbert Buske: Sterndeuter
227  Uwe Grüning:... denn wir haben seinen Stern gesehen
228  Peter Rietschel: Die drei Könige
231  Kurt Marti: Flucht der Heiligen Familie
231  Felix Timmermans: Das Triptychon von den Heiligen Drei Königen
237  Reinhold Schneider: Fest der Erscheinung des Herrn
238  Die Autoren
241  Die Grafiken
242  Die einfarbigen Bildtafeln
243  Die Farbtafeln
244  Quellenverzeichnis

Union Verlag, Berlin

1. Auflage 1979
2. Auflage 1983

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