02 Januar 2024

Wolfgang Kohlhaas / Hans Kubisch: Alarm im Zirkus – Literarisches Szenario zu einem Kriminalfilm

Die in Westberlin lebenden Freunde Max und Klaus haben den geheimen Traum, als Boxer Karriere zu machen. Sie üben am Sandsack an der Teppichklopfstange im Hinterhof des Lokals „Kleines Ballhaus Klott“ und sparen jeden Pfennig für Boxhandschuhe. Ihre zweite Leidenschaft gehört dem Zirkus: Beide halten sie sich oft beim Ostberliner Circus Barlay auf, wo sie Bekanntschaft mit Helli machen, die später einmal studieren und ihr Geld als Tierärztin verdienen will.
Der Traum der Boxkarriere zerplatzt für beide Jungen bald: Die Familien sind arm und als Klaus’ Mutter mit der Mietzahlung in Rückstand gerät, geben beide Jungen ihr für Boxhandschuhe gespartes Geld für die Begleichung der Schulden hin. Die Chancen, eine Arbeit aufzunehmen, sind gering, haben beide Jungen nicht einmal Aussicht auf eine Lehrstelle. Sie suchen neue Einnahmequellen und geraten dabei an den zwielichtigen Kneipenbesitzer Klott, der ihnen für einen einfachen Auftrag viel Geld verspricht. Klaus erfährt zufällig, worum es bei dem Auftrag geht: Er soll mit Max die Pferde des Circus Barlay von Ostberlin in den Westen schmuggeln. Bevor er jedoch Alarm schlagen kann, wird er von Klott, dessen Gespräch er belauscht hatte, entdeckt und eingesperrt.
Die Entführung der Pferde soll nun mit Max’ Beihilfe beginnen, doch erkennt der schnell das Unrecht der Tat. Klaus gelingt unterdessen die Flucht aus seinem Gefängnis. Er verständigt die Mitarbeiter des Circus Barlay und die Volkspolizei, die die Entführung mit Max’ Hilfe vereiteln. Die Verbrecher werden festgenommen und Max und Klaus erhalten als Belohnung vom Zirkus die lang gewünschten Boxhandschuhe geschenkt.

Buchanfang:
Es begann im amerikanischen Sektor Berlins, auf einem Hinterhof von der Art, wie es viele in dieser Stadt gibt: Zementboden, eine Teppichstange in der Ecke, dahinter die Müllkästen ... Ringsum erheben sich Wände mit vielen Fenstern, die wie Augen auf den Hof hinabsehen, denen nichts entgeht.
Und doch gibt es Geheimnisse auf solchen Höfen, die Geheimnisse der Kinder. Geheimnisse, die oft lustig sind, aber manchmal auch feierlich und groß.
Klaus und Max waren seit langem Freunde. Sie waren keine kleinen Jungen mehr. Klaus war vierzehn, und Max war sogar noch ein Jahr älter. Sie kannten das Leben auf den Straßen wie alle Kinder armer Leute, aber am wohlsten fühlten sie sich immer noch auf ihrem Hof, zu dem die Musik des Leierkastenmannes ebenso gehörte wie das Viereck Himmel zwischen den Dachkanten.
Von hier aus machten sich ihre Träume auf die Reise. Die beiden wollten Boxer werden.
Sie hatten einen alten Mehlsack mit Sand gefüllt und ihn an die Teppichstange gehängt. Das war ihr Trainingsplatz. Sie sprangen um den langsam pendelnden Sack herum und schlugen kurze und lange Gerade und ganze Serien von rechten und linken Haken. Die Hände hatten sie sich mit alten Lappen umwickelt.
Ein Stückchen entfernt spielten an diesem Nachmittag ein paar kleinere Kinder und warfen sich lärmend einen Ball zu.
Plötzlich kam ein großer, kräftiger Mann auf den Hof gestürzt. Er schrie ärgerlich:
„Verdammte Gören! Ich will nicht, daß auf meinem Hof Kinder spielen!“
Dann rief er seinen Hund, der in der Ecke bei den Müllkästen lag. Die beiden Jungen unter der Teppichstange schien er nicht zu bemerken. Max sagte feindselig:
„Immer muß er meckern, der Dicke!“
„Sei ruhig!“ erwiderte Klaus leise.
„Sonst jagt er uns auch noch weg!“
Der Mann verschwand in der Tür eines flachen Anbaues, der zu dem Lokal im Vorderhaus gehörte. Die Jungen warteten noch einen Augenblick, dann befahl Max energisch:
„Los, du bist dran!“
Klaus trat an den Sandsack. Er begann schnell und hart zu schlagen, als hätte er einen wirklichen Gegner vor sich. Jedesmal wenn er den Sandsack traf, gab es einen dumpfen Ton; es hörte sich an wie Trommelschlag. Aber als Klaus richtig in Fahrt war, rutschten ihm die Lappen von den Händen. Bekümmert ließ er die Arme sinken:
„Es macht keinen Spaß mehr!“
Max sagte tröstend:
 „Jetzt haben wir doch bald die Boxhandschuhe!“
„Ach, ich glaube es schon nicht mehr“, meinte Klaus betrübt.
„Sechs Monate sparen wir schon, aber wir haben erst dreizehn Mark.“ ........

Einband und Schutzumschlag: Friedrich Haase

Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin

1. Auflage 1954   1. - 10. Tsd.
2. Auflage 1954 11. - 20. Tsd.

.......................................................................................................................................................................

Verfilmung:
DEFA, 1954
Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase, Hans Kubisch
Regie     Gerhard Klein

Info zum Film

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.