05 Februar 2024

Albert Klaus: Unter dunklen Tannen – Eine Marder-,Fuchs- und Dachsgeschichte

Buchanfang:
FEBRUAR
Die Erde ist steinhart gefroren. Unter den schneebedeckten Tannen liegt Dämmerung. Nur ab und zu knistert es in den Zweigen, oder zwei Äste reiben sich knarrend aneinander und durchbrechen so die frostige Stille.
Weitab von Wanderwegen und verschlungenen Trippelpfaden stehen zwischen kniehohem Farnkraut auf moorigem Grund die Reste einer knorrigen Eiche. Sturm und Wetter haben sie so zerschlagen, daß nur noch ein Stumpf geblieben ist, der zwischen das dichte Grün der Fichtenwipfel ragt.
Aus der Höhlung des Eichenstumpfes schnellen zwei schlanke, braunrote Tiere mit spitzen, hell umrandeten Ohren und einem gelben Brustlatz und springen in den nächsten Baum. Und es beginnt eine wilde Jagd zweier gewandter Spring- und Kletterkünstler von Baum zu Baum, von Ast zu Ast, von den Wipfeln zur Erde hin und wieder in die Tannen hinauf, in einer solchen Schnelligkeit, daß dem Spiel der zwei kleinen Räuber kaum das Auge zu folgen vermag.
Ein Eichelhäher, durch die plötzliche Störung verärgert, krächzt erregt. Sein Schimpfen übertönt fast das Gepolter der Störenfriede. Doch die Marder kümmert es nicht.
Erst nach langer Zeit hört das wilde Jagen auf, und sie hocken friedlich nebeneinander auf einer Tanne, die den unwegsamen Fichtenwald von einer halbmannshohen Schonung abgrenzt.
Trotz des blauen Frühlingshimmels bläst der Wind schneidend kalt über die Lichtung. Die Marder starren auf die tiefverschneite Landschaft. Sie spüren die Kälte nicht, da sie ein dichtes Winterfell haben, aber der Hunger macht sich jetzt bei ihnen bemerkbar, er schneidet in den Eingeweiden. Während sie sonst den Tag verschlafen und erst in der Abenddämmerung auf Raub ausziehen, hat der strenge Januar diese Gewohnheiten durchbrochen.

Illustrationen und Umschlagentwurf von Hans Wiegandt
Für Leser von 10 Jahren an

Gebrüder Knabe Verlag, Weimar
Reihe: Knabes Jugendbücherei

1. Auflage 1974
2. Auflage 1978  

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