16 Februar 2024

Fred Wander: Ein Zimmer in Paris

Klappentext:
Vier Freunde treffen sich in Paris. Aus verschiedenen Ländern zusammengekommen, haben sie auf diesen Augenblick geradezu gewartet. Er soll ihnen helfen, das eigene Leben besser zu verstehen, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden, in der sie sind. Denn sie wissen alle nicht weiter, haben es gerade noch hierher geschafft, um im Erlebnis der Freundschaft Bestätigung und Trost zu suchen.
Ein altes Hotel und die Straßen der näheren Umgebung werden zum Schauplatz der Gespräche. Der Erzähler berichtet aus dem Leben der anderen drei, verschlungene Schicksale in einer komplizierten Zeit. Langsam lernen wir sie kennen, und sie kommen uns näher, wir sehen, daß ihre Kämpfe nicht Vergangenheit sind. Lässigkeit und Larmoyanz, rüdes Gebaren oder Gleichgültigkeit dürfen den Blick nicht verstellen die – vier sind unterwegs, sich selbst zu finden, und sie schonen sich nicht dabei..
Ein Zimmer in Paris – Ort und Provisorium, auch Metapher einer Stadt, die jeden Rahmen sprengen will und doch viele einzelne ohne Hoffnung zurückläßt. Ein Zimmer als Haltepunkt, Umschlagplatz, Aufforderung: Das Gefangensein nicht hinzunehmen, die Ketten, auch die selbst angelegten, abzutun, um sich in die Gemeinschaft der Menschen einzuordnen.

Fred Wander, 1917 in Wien geboren, verläßt mit vierzehn Jahren die Schule und schließlich das Elternhaus. Treibt sich als Gelegenheitsarbeiter in mehreren Ländern herum. Während des Krieges in Frankreich interniert. Deportation nach Auschwitz und Buchenwald. Nach dem Krieg wieder in Wien, Zeichner, Fotograf und Zeitungsreporter. Seit 1958 in der DDR, freiberuflicher Schriftsteller.
„Der siebente Brunnen" (1971, Heinrich-Mann-Preis), „Ein Zimmer in Paris" (1975), „Josua läßt grüßen - Der Bungalow" (zwei Stücke, 1979). Zusammen mit Maxie Wander: „Doppeltes Antlitz. Pariser Impressionen" (1966), „Provenzalische Reise" (1978). Herausgabe der „Tagebücher und Briefe" von Maxie Wander (1979).

Buchanfang:
Das Haus
Das Haus, von dem ich erzählen werde, hat sieben galaktische Stürme überstanden, acht Feuersbrünste, neun Kriege, zehn Revolutionen. Das Material, woraus dieses Haus vor einem Vierteljahrtausend gebaut wurde, ist zerfressen vom Holzwurm und vielen Generationen anderer Würmer. Ratten und Mäuse haben ein kunstvolles System der Kommunikation innerhalb der Mauern geschaffen, das ihnen erlaubt, äußerst gelehrte Symposien zu veranstalten, über den ganzen Bau verteilt. Oder auch quer durch das Haus zu gehen, wie ein Röntgenstrahl, ohne aufzufallen. Und doch steht das Haus, bricht nicht zusammen.
In diesem Haus habe ich ein Zimmer.
Ich sitze beim Fenster, trinke Kaffee, freu mich diebisch auf die Zigarette, die mir verboten ist, sie liegt auf dem Tisch bereit, man muß alles erst mit den Augen genießen. Und ich werfe einen Blick aus dem Fenster über die Dächer von Saint-Germain des Prés und auf das Fenster gegenüber, das wie ein kostbarer Bilderrahmen wirkt, schwarz noch, aber jeden Augenblick kann dort jenes fremde Mädchen erscheinen: rotes Haar, milchiger Teint, stahlblaue harte Augen. Ist sie schon wach? Gestern hat sie einen Augenblick lang nackt im Rahmen gestanden. Und ich entdecke in der Zeitung die sensationelle Nachricht über – den Kaffeetest. „Wissenschaftler haben sich bemüht, zu klären", so steht es schwarz auf weiß ......

Einband undSchutzumschlagentwurf Harri Lütke
unter Verwendung eines Ausschnitts aus einem Gemälde von Maurice Utrillo

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1975
2. Auflage 1976
3. Auflage 1981
4. Auflage 1983
5. Auflage 1985

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