16 März 2025

Eberhard Kottwitz: Roland der Ries' – Geschichte und Geschichten über die Rolandstandbilder in der DDR

Buchanfang:
GESCHICHTE UND GESCHICHTEN
Von der Geschichte der Rolandstandbilder in unserer Deutschen Demokratischen Republik wird hier erzählt. Und von Geschichten, die über sie und um sie überliefert sind; von Mutmaßungen, die angestellt werden müssen überall dort, wo die Quellen schweigen; von Ereignissen, lustigen und kuriosen; von Eigentümlichkeiten, Besonderheiten und gewissen Zusammenhängen.
Geschichten sind's, die fast alle zurückliegen, Jahrhunderte, Jahrzehnte, und die dennoch Bedeutung haben in unseren Tagen, weil sie alle verbunden sind mit Machtverhältnissen und Machtkämpfen; mit Auseinandersetzungen von Klassen und innerhalb sich zu differenzieren beginnender Klassen; mit despotischem Verhalten von Potentaten und mit gewitzten, volkstümlichen Antworten darauf. Geschichten, in denen sich die sozialen Grundlagen und die Interessen der sozialen Klassen während ökonomischer und politischer Kämpfe wie in einem Spiegel abbilden.
Das scheint gerade heute besonders lehrreich und interessant, wo Rolande »nur noch« Denkmale sind und keine Rechte und Freiheiten mehr verkörpern, nicht mehr zu verkörpern brauchen, weil unser Land und unser Volk, unsere Städte und Gemeinden frei sind im Sinne dieses großen Wortes und aller Rechte, derer sie bedürfen, habhaft.
»Wer die Geschichte seines Volkes nicht kennt«, so sagt eine alte Volksweisheit, »der lebt wie ein Mensch, der sein Gedächtnis verloren hat«. Wer nichts von der Vergangenheit weiß, der wird auch keinen Blick haben für das Heute und gleich gar keinen für das Morgen, das übermorgen schon wieder Geschichte sein wird, von uns selbst aktiv gestaltete Geschichte.
Rolande sind ein Teil unserer Historie. Als Denkmale der Kultur, Denkmale der Produktivkräfte und Denkmale der Geschichte gestatten sie gleich aus drei verschiedenen Sichten Einblicke und Schlußfolgerungen. Diese »Ritter des Rechts« zu bewahren, zu schützen, zu pflegen und zu nutzen, hat sich die sozialistische Gesellschaft zu einem edlen Anliegen gemacht. Sie sind uns so wichtig, diese Standbilder, daß sie im Denkmalpflegegesetz der DDR vom 19. Juni 1975 unter dem Punkt »Definition von Denkmalen« einen der vordersten Plätze einnehmen.
Niemand wird verlangen, daß in diesem Büchlein alles über alle Rolande steht. Es soll vielmehr anregen und Lust machen, sich ein eigenes Bild zu verschaffen, selbst auf Entdeckungsreisen zu gehen und die Standbilder, die man bis jetzt nur als Denkmal unter Denkmalen betrachtet hat, mit anderen Augen und in neuen Zusammenhängen zu sehen. Kurzum, sich zu bereichern, und sei es nur an der Schönheit der Statuen und der Meisterschaft ihrer Schöpfer.
Lenin schrieb in den zwanziger Jahren an Clara Zetkin zu dieser Thematik: »Man soll Schönes erhalten, zum Muster nehmen, auch wenn es alt ist. Warum sich vom wirklich Schönen abkehren und es als Ausgangspunkt weiterer Entwicklung verwerfen, nur weil es alt ist.«
Sicherlich hatte Lenin bei diesen Sätzen nicht unsere Rolandstandbilder vor Augen, doch auch auf sie sind diese Worte vollständig anwendbar. Immerhin sind sie nicht nur schön, sondern auf ihre Weise auch wertvolle Dokumente eines jahrhundertelangen erbitterten Kampfes um Freiheit und Recht. Eines Kampfes, der erst mit dem Sieg des Sozialismus in unserem Lande erfolgreich beendet wurde.

GESCHICHTE...
Sie sind seit Jahrhunderten bekannt. Urkunden bescheinigen ihre Identität, man kann sie sehen und anfassen.
Sie verwickeln Experten und Laien in leidenschaftliche Diskussionen, sehen ungerührt zahllose Theorien entstehen und wieder dahinscheiden.
Sie werden restauriert, untersucht, erforscht. Doch noch immer haben sie nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben: die Rolande. Die starren, überlebensgroßen Standbilder aus Stein oder Holz auf Märkten und zentralen Plätzen unserer Städte und Gemeinden haben ihren Ursprung im Mittelalter. Und da man sie vornehmlich auf dem Gebiet ehemals fränkisch-sächsischen Rechts antrifft, stehen von den zwanzig insgesamt noch vollständig erhaltenen Rolanden fünfzehn auf dem Boden unserer Republik, heftig umworben von den Rolandforschern und gut behütet von der Denkmalpflege. Denn Denkmale sind Rolande nun allemal, ganz ungeachtet der Bedeutung jedes einzelnen Standbilds an seinem historisch konkreten Platz. Kunstdenkmale sind sie auf jeden Fall, ......

Mit Fotos von Renate und Roger Rössing

VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig
Reihe: Brockhaus Miniaturen
1. Auflage 1981
2. Auflage 1982

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