Buchinfo
Carolina Maria de Jesus (1914 - 1977), brasilianische N*, seit 1937 in Sao Paulo, landete nach der Geburt ihres ersten Kindes in der Favela, "dem Ort, wohin man nicht nur Dinge, sondern auch Menschen wirft".
"Ich kam nach meinen Versuchen, etwas im Abfall zu finden, zu Hause an und hatte nichts zu essen. Ich lehnte mich innerlich auf und schrieb." Der Journalist Audálio Dantas entdeckte die Aufzeichnungen, "eine Revolution in einer Bretterbude. Die Revolution wurde zum Buch und bekam den Titel ,Tagebuch der Armut'". Die erste Auflage erschien 1960 in Sao Paulo und war innerhalb von drei Tagen vergriffen, es folgten aufsehenerregende Ausgaben in aller Welt.
Das Buch, dessen Erfolg es der Autorin ermöglichte, die Favela nach mehr als fünfzehn Jahren zu verlassen, "ist ein Schrei des Protestes. Ein Dokument der tiefsten Verzweiflung. Es ist aus dem Abfall hervorgegangen, wie seine Autorin, um einen Teil des brasilianischen Lebens zu offenbaren. Mit aller Kraft, die ihm innewohnt" (Audálio Dantas).
Leseprobe
Ich kann meiner lieben verstorbenen Mutter nichts nachsagen. Sie war sehr gut. Ihrem Wunsche nach sollte ich Lehrerin werden. Die Lebensumstände haben sie daran gehindert, ihren Traum zu verwirklichen. Aber sie hat meinen Charakter gebildet, indem sie mich lehrte, die Demütigen und die Armen zu lieben. Deshalb tun mir die Bewohner der Favela leid. Obgleich es hier Leute gibt, die verachtet werden müßten, Leute, die wirklich böswillig sind. Heute nacht haben Dona Amelia und ihr Freund sich gestritten. Sie schrie, daß er nur wegen des Geldes, das sie ihm gibt, mit ihr zusammen lebe. Man hörte nur die Stimme der Dona Amelia, die an dem Streit Freude zu haben schien. Sie hat mehrere Kinder in die Welt gesetzt. Sie hat sie alle verteilt. Sie hat zwei erwachsene Söhne, die sie nicht im Hause haben will. Sie setzt ihre Söhne zurück und zieht die Männer vor. Der Mann tritt durch die Tür ein. Der Sohn ist die Wurzel des Herzens.
Reclams Universal-Bibliothek Band 299
2. Auflage 1979
Zu diesem Buch gibt es noch einen 2. Teil. Dieser erschien, soviel ich weiß, nicht in der DDR. Ich möchte ihn euch aber nicht vorenthalten und stelle ihn hier mit vor:
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