05 Dezember 2025

Sergei Kulik: Safaris in Kenia

Klappentext:
O Tana, unser großer Tana!
Du fließt Jahrhunderte durch unser Land,
Unbeständig ist dein Wasser, o Tana!
Alles ringsum wandelt sich:
das Land, die Zeit, die Sitten.
Auch wir ändern uns, o Tana!
Dennoch bleiben wir uns treu in dieser Welt.
Wir bleiben Afrikaner, o Tana!
Bleiben dir treu, Tana,
und unserm Land – dem Land der Väter.
O Tana, großer Tana!

Buchanfang:
Statt eines Vorwortes
Sechs Jahre habe ich in Kenia verbracht, und in all diesen Jahren habe ich nur begeisterte Äußerungen über dieses Land gehört.
Begeistert waren vor allem die Touristen, und das ist nicht schwer zu verstehen. Die Ankömmlinge sind verblüfft von Nairobi, der keniaischen Hauptstadt, einer großen modernen Stadt mit einer modernen City und eleganten Gebäuden, die unter dem Grün üppig blühender exotischer Bäume verschwindet und eher einer prosperierenden Stadt im amerikanischen Süden ähnelt als der Hauptstadt eines Entwicklungslandes. Gewöhnlich sind sie angenehm überrascht von dem Klima im gebirgigen Mittelkenia. Die Touristen fürchten die Hitze, wenn sie nach Afrika reisen, doch hier müssen sie schon am ersten Abend, vor Kälte schlotternd, in ein Geschäft laufen und sich einen Wollpullover kaufen.
Morgens geht es für die Touristen mit einer „Safari“ los, mit diesem Wort aus dem Swahili wird in Ostafrika jede beliebige kleine Reise bezeichnet. Führt man den Touristen nach Westen, tief in das Gebirgsland von Kenia, so bekommt er die Möglichkeit, die ökonomisch am weitesten entwickelten Gebiete Afrikas zu durchqueren; sie liegen im Hochland von Kenia, welches zum Viktoriasee hin abfällt. Hier wechseln smaragdfarbene Teeplantagen mit dem samtenen Grün von Kaffeeplantagen und riesige Viehzuchtranches mit den bunten Mosaiks der Gemüsegärten ab. Schöne Straßen führen daran vorbei, an denen saubere Siedlungen liegen, deren Bewohner sich für die sonntägliche Morgenmesse mit Krawatte und Hut kleiden. Kenia gilt als eines der am höchsten entwickelten Länder des afrikanischen Kontinents, und sein aufblühender zentraler Teil dient als anschaulicher Beweis dafür.
Dann biegt der Weg ab, an die Stelle des grauen Bandes der Asphaltstraße tritt ein rötlicher Feldweg, und aus dem erschlossenen, besiedelten Gebiet gerät der Tourist plötzlich in dunkle Wälder, die die Berghänge Kenias und das Aberdeen-Plateau bedecken. In einem exotisch eingerichteten, oberhalb einer Tiertränke gelegenen Hotel verbringt der Tourist den Rest des Tages. Gegen Abend kommen Nashörner, Büffel oder Leoparden zur Tränke. Und dann trennt nur die dünne Fensterscheibe der Hotelterrasse die Menschen von diesen Riesen der afrikanischen Wälder. Die Touristen, die sich in den Sesseln räkeln, trinken Kaffee oder Whisky, und zehn Meter entfernt von ihnen trinken Leoparden und Nashörner Wasser. Das ist doch fürwahr aufregend!
Fährt der Tourist aber von Nairobi aus nach Osten oder Süden, so kommt er zuerst durch eine endlose, eintönige Savanne, in der sich die größten Nationalparks von Kenia befinden. Der Mangel an landschaftlichen Schönheiten wird hier durch eine phantastische Vielzahl von Tieren aufgewogen: hundertköpfige Zebraherden, Tausende von Antilopen und Gazellen, zahllose Büffel, Giraffen und Strauße sowie, wenn man Glück hat, Löwen, Geparde und Flußpferde. Mitunter kommen auch Elefanten auf die Straße; hier in der trockenen Savanne können sie sich selten eine Dusche gönnen und vergnügen sich dafür oft mit Sandbädern. Der Boden der Savanne ist rot, daher haben auch die Elefanten eine ziegelrote Färbung. Farbige Elefanten – das ist ebenfalls ein Grund, begeistert zu sein.
Wenn sich die Touristen nach ein paar Tagen an den Tieren sattgesehen haben, reisen sie an die Küste des Indischen Ozeans, wo sie aus der Welt der von der Sonne ausgedörrten Dornenakazien und grauen Gräser in eine Welt der Kokospalmen und üppig blühenden Pflanzen der Subtropen geraten. Schneeweiße Korallenstrände unter strahlendblauem Himmel und die geheimnisvolle Welt der Unterwasserriffe vernebeln endgültig die Köpfe der Touristen.
Nicht weniger eindrucksvoll sind auch die Küstenstädte – im Mittelalter Zentren einer blühenden Swahilikultur.
Nairobi ähnelt einem amerikanischen Kurort und ist noch nicht einmal achtzig Jahre alt, und die engen mittelalterlichen Gassen von Mombasa oder Malindi haben eine Geschichte von acht bis zehn Jahrhunderten aufzuweisen. Durch diese Gassen ist Vasco da Gama gegangen, jedes Haus hier ist ein Zeuge der stürmischen und romantischen Geschichte der Küste. Hier sind sich Jahrhunderte hindurch Afrika und Asien begegnet. Frauen, von Kopf bis Fuß in blauschwarze Buibui gehüllt; alte Männer mit bunten Turbanen, die an die Kalifen alter Zeiten erinnern; das Gemurmel der Muezzine, das von eigentümlichen Minaretten her erklingt; die kehligen Schreie der Straßenhändler mit Kaffee und türkischem Honig; das Nachtleben der Hafenstädte; die würzigen Düfte des Orients und die salzige Luft des Ozeans...

Inhalt:
Statt eines Vorwortes .. .. .. 6

DIE NILOTEN
Die Bewohner des vulkanischen Plateaus

Athiopische Ouvertüre .. .. .. 23
Das östliche Afrika – die Urheimat der Menschheit? .. .. .. 27
Basso Narok heiß „schwarzes Wasser“ .. .. .. 36
Der kleinste Stamm Afrikas .. .. .. 43
Das Geheimnis der Insel Unwiederbringlich .. .. .. 48
Mit der Harpune auf Barschfang .. .. .. 52
Wie kann man sich denn den Morani widersetzen? .. .. .. 56
Die Klippschliefer kommen mir zur Hilfe .. .. .. 66
Der Morani – die zentrale Figur der Gemeinschaft .. .. .. 70
Aus Jungen werden Männer .. .. .. 77
Wem gehörte die erste Kuh? .. .. .. 84
Die Krokodile kommen, wenn man sie ruft .. .. .. 91
Das wichtigste am Aussehen des Mannes ist die Frisur .. .. .. 94
Zehn Kilogramm Schmuck .. .. .. 100
Ein Löwenherz ist das schönste Geschenk .. .. .. 104

Auf den Spuren der geheimnisvollen Asaner
Ein ethnisches Babylon .. .. .. 107
Der Stamm mit den fünf Namen .. .. .. 114
Abenteuer auf einem launenhaften Fluß .. .. .. 120
Die Lieder der alten Tschepopkoi .. .. .. 125
Schlangen leben in Häusern und Schmelzöfen .. .. .. 128
Die Tuken – das Volk, das in den Felsen lebt .. .. .. 132
Die alten Aquädukte der Elgejo und Marakwet .. .. .. 135
Die Tücke der afrikanischen Wege .. .. .. 138
Maji-Ndege – der „Vogelsee“ .. .. .. 141
Die exzentrischen Bewohner des Baringosees .. .. .. 147
Die erste Genossenschaft der Njemps .. .. .. 151
Eine archäologische Exkursion nach Tambatsch .. .. .. 157

Die letzten Mohikaner Ostafrikas
Durch ein Gebirge, das einer Festung gleicht .. .. .. 165
Von der El-Barta-Ebene in die Il-Ponjeki-Ebene .. .. .. 171
Auf dem Honigweg hinauf in die Berge .. .. .. 181
Wem sind die Ndorobo ähnlich? .. .. .. 185
Wir malen einen Esel als Zebra an .. .. .. 196
Gibt es die Hunde aus der Zeit der Pharaonen noch heute? .. .. .. 204

DIE KUSCHITEN
Die rote Sandwüste gibt ihre Geheimnisse allmählich preis

Zum erstenmal im Nordosten des Landes .. .. .. 215
Der beschwerliche Weg nach Marsabit .. .. .. 221
Das Gebiet der großen Möglichkeiten .. .. .. 226
Achmed – der König der Elefanten .. .. .. 234
Ein Krieger wird Häuptling .. .. .. 242
Mit einer Karawane der Gabbra durch die Dida Galgalu .. .. .. 252
Die verwegenen Boran und ihre schönen Frauen .. .. .. 263

Zwischen Totem und Koran
Die Grenze verläuft am Meridian von Moyale .. .. .. 270
Mandera – der entlegene Winkel Kenias .. .. .. 275
Jarad – Brautkauf .. .. .. 282
Eine Hochzeit bei den Degodiya .. .. .. 287
Wajir Stadt der Handwerker .. .. .. 294
Die schrecklichen Loriansümpfe .. .. .. 304
„Guten Tag, Mister Adamson“ .. .. .. 309
Das Experiment wird fortgesetzt .. .. .. 315
George tötet Boy .. .. .. 322

,,... Kenya selbst (wird) von seinen (europäischen) Bewohnern als das schönste Land der Welt bezeichnet. Man weiß, wie solche Superlative zu werten sind; in jedem Fall darf man sie als einen wortarmen Ausdruck für die besonderen, erhebenden und erregenden landschaftlichen Reize betrachten, denen auch der erliegt, der im Laufe eines langen Lebens ungezählte überwältigende Eindrücke gesammelt hat.
Hans Schomburgk

Aus dem Russischen von Helga Thiele
Das russische Original erschien unter dem Titel «Кенийские Сафари» im Verlag «Мысль», Moskau 1975

Schutzumschlag und Einband: Lothar Gabler
Kartenzeichnung: Helga Paditz

VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig
1. Auflage 1979
2. Auflage 1981

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