22 Dezember 2025

Sergej Eisenstein: Das dynamische Quadrat – Schriften zum Film

Einbandtext:
Für Sergej Eisenstein (1898-1948) war Film „eine junge Kunst, ‚geboren vor unseren Augen’. Aber er sah sie tief verbunden mit der Kulturtradition aller Kunstgattungen, die sie gewissermaßen in sich vereinigte. Das Herausarbeiten des Spezifischen verstand Eisenstein mehrschichtig mit der Untersuchung des synthetischen Charakters zu vereinen. Auf noch heute suggestive Weise diente ihm der Vergleich mit Frühphasen einzelner Kulturdimensionen (etwa Bau der Sprache, Technik des Theaters, Zahlensysteme oder Kompositionsprinzipien der Malerei) zur Aufhellung der neuen ästhetischen Gesetze des Films und zur Reflexion seiner universellen Möglichkeiten. ‚Ein Gegenstand muß so ausgewählt werden, so gedreht und mit solchem Kalkül im Blickfeld räumlich untergebracht werden, daß neben der Abbildung ein Assoziationskomplex entsteht, der der emotionalgedanklichen Fracht der Sequenz eine zweite Stimme hinzuliefert’, schrieb Eisenstein über seine Montageauffassung. Dieses Prinzip der ‚zweiten Stimme’ ... ist die Grundstruktur wohl aller wesentlichen Autorentexte Eisensteins. Auch die hier gebündelten Texte haben eine Fülle von Bezugspunkten. Sie sind vergnüglich durch geistige Originalität und anspruchsvoll durch gedankliche Opulenz. Ihre Vorbildwirkung noch heute für alle Künste ist unbestritten.“ (Fred Gehler)

Buchanfang:
Die Manuskripte des Moskauer Eisenstein-Archivs könnten bequem eine 20bändige Ausgabe füllen. Verlockung und Bedrängnis für jeden Herausgeber zugleich.
Unsere Auswahl bringt Texte des Filmtheoretikers Eisenstein.
Das erste Kapitel – AUSDRUCK UND EINWIRKUNG – verfolgt die Wandlungen der Attraktion in Theater und Film. Das zweite – DENKPROZESS UND FILMFORM – faßt Aufsätze zusammen, in denen Film als Sprache, im Verhältnis zu anderen Sprachen und anderen Zeichensystemen, untersucht wird.
Im dritten Kapitel – TECHNIK UND KINO – betrachtet der Regisseur Eisenstein das technische Phänomen Film aus kulturgeschichtlicher Perspektive. Als eine Kunst, die das zu lösen vermag, was in den Schranken der alten Künste nur erschwert und partiell zu leisten war.
Im 20. Jabrbundert übernahm der Film die beschreibend-ausmalende Diktion der Belletristik. In Ermangelung eines technisch ausgereiften Farbmaterials, das seinen Ideen „gehorchen“ würde, fixierte Eisenstein die Farbe auf dem Papier. So klingen diese Notate wie schon nicht mehr mögliche Literatur.
Eisensteins Sätze gleichen rhythmisch organisierter Prosa. Sein Absatz – der Zusammenprall zweier Zeilen – widerspiegelt die Kollision einer Montagekopplung. Gedankenpunkte und -striche fungieren als Vorbote einer theoretischen Attraktion. Die Übersetzung ins Deutsche vermag nur bedingt die innere Dynamik des Eisensteinschen Ideenflusses zu vermitteln, da gleich nach der Attraktion das Verb aufzutauchen hat – in gebeugter Form und außer Atem –, während es im Original dort steht, wo der Autor sich die größte Wirkung verspricht. Eisenstein nannte seinen Satzbau „eine schlechte Übersetzung aus dem Deutschen“, was den umgekehrten Vorgang keineswegs erleichtert.


Inhalt:
Armer Salieri .. .. .. 7

AUSDRUCK UND EINWIRKUNG
Montage der Attraktionen .. .. .. 10
Montage der Filmattraktionen .. .. .. 17
Konstanza .. .. .. 46
Die beiden Schädel Alexanders des Großen .. .. .. 52

DENKPROZESS UND FILMFORM
Perspektiven .. .. .. 58
Jenseits der Einstellung .. .. .. 72
Die vierte Dimension im Film .. .. .. 90
Rede auf der Allunionskonferenz sowjetischer Filmschaffender .. .. .. 109

TECHNIK UND KINO
Die Zukunft des Tonfilms .. .. .. 154
Das dynamische Quadrat .. .. .. 157
[Erster Brief über die Farbe] .. .. .. 177
[Farbkonzeption zum Film „Die Liebe des Dichters"] .. .. .. 184
Über den Raumfilm .. .. .. 196

Anhang
Oksana Bulgakova: Bruch und Methode. Eisensteins Traum von einer absoluten Kunst .. .. .. 262
Anmerkungen .. .. .. 325
Zur Biographie .. .. .. 388
Personenregister .. .. .. 393
...................................................

Aus dem Russischen
Übersetzt und herausgegeben von Oksana Bulgakova und Dietmar Hochmuth
Im Anhang der Aufsatz von Oksana Bulgakova: „Bruch und Methode. Eisensteins Traum von einer absoluten Kunst"
Mit 38 Abbildungen
Umschlaggestaltung: Friederike Pondelik

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig
Reihe:
Reclams Universal-Bibliothek Band 1206 | Kunstwissenschaften | Mit Abbildungen
1. Auflage 1988
2. Auflage 1991

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