14 Mai 2020

Friederike Kempner: Das Leben ist ein Gedichte



Kempner (1836-1904), Tochter eines Rittergutsbesitzers und selber von guten Geistern besessen, z. B. der Poesie. Pegasus ist ihr liebstes Steckenpferd. Auf ihm galoppiert sie leidenschaftlich durch ihre Ideallandschaften und stolpert auf allen Versfüßen über Realitäten wie: Würmer und Dornen, Sinnlichkeit und Tücke, soziale Kontraste, zu lange oder zu kurze Wörter,. schlechte Ärzte und Richter, Reime, die Bourgeoisie, die Niedrigkeit. Sie reitet "in des Kampfes Marken mit des Mutes Eigenschaft" und bricht kühn ihre Feder in der Fehde wider Vivisektion, Einzelhaft, Scheintod, Intoleranz und Bösewichter aller Artung. Und sie ficht für: Nachtigallen, Poesie und Rosen, gesetzliche Leichenhäuser (dies mit Erfolg!), das Gute, Schöne und Wahre, das "Götterfeuer Menschlichkeit" u. dgl. Die Weite ihres Wollens stößt an die Schranken ihres anerzogenen Horizontes, ihr Pegasus überschlägt sich in den komischsten Kapriolen. So wurde sie zum "Genie der unfreiwilligen Komik". Immerhin Genie, was man von den akademischen Goldschnittlyrikern ihrer Zeit nicht sagen kann, deren hochtrabendes Epigonentum sie auf ihre Weise glanzvoll parodiert.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 4. Auflage 1986
Reclams Universal-Bibliothek Band 506
Belletristik

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