14 Mai 2020

Johann Kaspar Steube: Von Amsterdam nach Temiswar



Die Honoratioren der schläfrigen Residenzstadt Gotha haben im Sommer 1782 ihre kleine Sensation: wie einen bunten Paradiesvogel bestaunen sie den abgerissenen Fremden, der sich in den Mauern ihrer Stadt einnistet und obendrein noch behauptet, er habe vorzeiten ihre Schuhe besohlt. Der entlaufene Schustergeselle Johann Kaspar Steube (1747-1795) ist in all den Jahren weit herumgekommen: seine Karriere als schwedischer Offizier findet nach einem Duell ihr jähes Ende, danach teilt er auf holländischen Kriegsschiffen das Essen aus, dient als liebeshungriger Hausdiener bei einer schönen Florentinerin und landet am Ende als k. u. k. Söldner im Banat. In Gotha nun klettert er wieder auf den Schusterschemel, und als dem Meister Steube die Schulden über den Kopf wachsen, gibt er die Wanderschaften und Schicksale seines Lebens zu Protokoll: kritisch und weltoffen porträtiert er holländische Seelenverkäufer und italienische Patres, banatische Wallachen und Gothaer Spießbürger. Seine handfeste Lebensbeichte, die ihm damals nicht aus der Klemme half, liest man noch heute mit unverhohlenem Vergnügen.

Rütten & Loening Berlin, 2. Auflage 1984

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