21 September 2020

Jet Geeraerts: Die Coltmorde


 Jef Geeraerts gehört zu der nicht allzu großen Zahl von Schriftstellern niederländischer, genauer: flämischer Sprache, die sich nicht nur im eigenen Lande besonderer Popularität erfreuen, sondern auch in andere Sprachen übersetzt werden. Nach seiner Rückkehr aus dem ehemaligen Belgisch-Kongo suchte er zunächst seine Erfahrungen und Erlebnisse als Verwaltungsbeamter und Soldat durch Schreiben zu bewältigen, ohne sich indes von der Last seiner kolonialen Vergangenheit jemals ganz befreien zu können. Allmählich aber wandte er sich, das rein autobiographische Element zurückdrängend, weiter gespannten Themen zu und widmete sich in den letzten Jahren vorwiegend dem Kriminalroman, einem Genre, das seiner Meinung nach zu Unrecht als minderwertig betrachtet wird. So unterschiedlich seine Sujets jedoch sein mögen, Geeraerts behandelt stets denselben Problemkreis: die Einengung des Individuums durch die bürgerliche Gesellschaft, die Anwendung von Gewalt in all ihren Formen, den Mißbrauch politischer und ökonomischer Macht.

Die „Coltmorde“ sind eine Serie ungewöhnlich brutaler Verbrechen, die von der belgischen Polizei, der Rijkswacht, nur mit modernsten Untersuchungsmethoden aufgeklärt werden können und weitere Gewalttaten auslösen. Geeraerts verlegt die Handlung seines 1980 publizierten Thrillers in das Jahr 1990, bestimmte Entwicklungen und Tendenzen technisch-wissenschaftlicher, aber auch politischer Natur vorwegnehmend. Aus der raffinierten Mischung von Tatsächlichem und Erdachtem, von realen und fiktiven Ereignissen und Personen entsteht eine authentisch scheinende, atemberaubende Geschichte, deren Leser nun selbst überprüfen kann, wie weit die Voraussagen, Befürchtungen und Ahnungen des Autors Wirklichkeit geworden sind.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1990

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