22 September 2020

Lawrence Sterne: Das Leben und die Ansichten Tristram Shandys


 Nicht die Dinge bringen Menschen in Verwirrung, sondern die Ansichten über die Dinge.

„Sagt mir, ihr Neunmalweisen, wird es nicht anders werden? Werden wir nur immer an Umfang und nicht an Gehalt zunehmen? Sollen wir immer so weiter neue Bücher schreiben, wie Apotheker neue Mixturen machen, indem wir Wasser aus einem Gefäß ins andere gießen?“ Sterne gibt mit „Tristram Shandy“ selbst eindeutig Antwort auf seine Fragen. „Und ein Kapitel soll es geben, und ein teuflisches noch dazu – nehmen Sie sich also in acht!“ 

Mit dieser und ähnlichen „Warnungen“ an den ehrenwerten Herrn und die verehrte Freundin entlässt er den Leser zu einer vergnüglichen Reise durch den Sinn und Unsinn seiner Zeit. Was sich dem Auge des Betrachters auch bietet, immer offenbart sich Sternes sichtliches Vergnügen, mit einer Fülle von Anspielungen und Anzüglichkeiten die Konventionen sanktionierter Wohlanständigkeit oder schriftstellerischer Eitelkeit mit kühnem Schwung, mit Ironie, Satire und Esprit rechts und links von der Straße zu fegen. Ob bei Tristram Shandys Zeugung oder bei seiner unfreiwilligen Beschneidung, ob bei Reisen oder Feldzügen – Sterne fabuliert über alles und nichts. Goethe hat ihn gerade deswegen gepriesen: „Er war der erste, der sich und uns von Pedanterei und Philisterei emporhob.“ Mit seinem 1760 – 1767 erschienenen literarischen Erstling schockierte Sterne seine Mitwelt, eroberte er sich das Publikum und leistete einen gewichtigen Beitrag für die Entwicklung des modernen Romans bis hin zu Virginia Woolf und James Joyce.

Laurence Sterne wurde 1713 in Clonmel (Irland) geboren und starb 1768 in London an Tuberkulose. Er studierte Theologie und wurde anglikanischer Pfarrer. Während das Erscheinen des „Tristram Shandy“ 1759 in seiner Gemeinde einen Skandal auslöste, wurde er in den Londoner Salons gefeiert. Bis heute gilt er als einer der wichtigsten Romane der Weltliteratur.

Gustav-Kiepenheuer-Verlag, Leipzig und Weimar, 1. Auflage, 1989
Bibliothek des 18. Jahrhunderts
Mit 12 zeitgenössischen Abbildungen.
Illustratoren: Daniel Berger und Daniel Chodowieki.
Aus dem Englischen übersetzt von Rudolf Kassner.

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