Wir pflücken guten Tee, pflücken, pflücken, pflücken zwei Blätter und eine Knospe, schallt der Gesang der Kulis über die Teeplantage. Aus allen Gegenden Indiens hat man sie mit dem Versprechen, dass es viel Geld zu verdienen und ein Stück eigenes Land zu bearbeiten gäbe, nach Assam gelockt. Auch Gangu, ein alter, verarmter Bauer, kommt mit seiner Familie auf die Plantage, die so malerisch an den Südhängen der Himalaya-Ausläufer liegt. Doch ebenso schnell wie sich die vermeintliche Idylle als feucht-heiße Dschungelhölle erweist, zeigt sich die Wirklichkeit hinter dem versprochenen Paradies. Gangus Familie wird in eine elende Hütte eingewiesen und muss sich fortan von früh bis spät abmühen. Enttäuschung schlägt in Wut um, als sich ein junger Engländer den Pflückerinnen nähert und auch ein Auge auf Gangus Tochter Leila wirft.
Poetisch und realistisch zugleich schildert M. R. Anand das Los assamesischer Teekulis, wie es in Indien bis zur Erlangung der Unabhängigkeit 1947 typisch war. Dabei gelingt ihm ein lebendiges Bild des Alltags einfacher indischer Menschen, das wirkungsvoll durch die Darstellung der tiefen Konflikte innerhalb der kleinen Gruppe englischer Beamter vor dem sich abzeichnenden Ende ihrer Kolonialherrschaft ergänzt wird.
Mulk Raj Anand nimmt unter den modernen indischen Autoren einen besonderen Rang ein. Wie kein anderer hat er das Schicksal Ausgestoßener, Unberührbarer und Kulis gestaltet. In dem 1937 entstandenen Roman „Zwei Blätter und eine Knospe“ schildert er poetisch und realistisch zugleich das Los assamesischer Teekulis, die in einen ausweglosen Konflikt mit der britischen Kolonialmacht geraten.
Verlag Volk und Welt, 1. Auflage, 1990
Orientalische Bibliothek
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