Marokko, der "äußerste Westen" der islamischen Welt, wendet sich zum Atlantik. Sein Rückgrat bildet der Hohe Atlas, mit Gipfeln über 4000 m eines der höchsten Gebirge Afrikas.
Die Südseite öffnet sich der Sahara, der größten Wüste der Erde. Hier sind Schattentemperaturen von 50 Grad C keine Seltenheit.
In den unzugänglichen Hochtälern des Hohen Atlas und des Anti-Atlas, im Rif und im Mittleren Atlas haben sich die Berber, die immer noch rätselhafte vorislamische Bevölkerungs- und Sprachgruppe Nord-Afrikas, in Typus, Brauch und Sitte weitgehend ursprünglich erhalten.
Dr. Wrage, der erstmalig vor 30 Jahren dieses Land bereiste, um es geographisch-landschaftskundlich zu studieren, wurde von der Eigenart dieser Menschen so stark angerührt, daß er seitdem viele Jahre immer wieder Nord-Afrika und besonders Marokko im Frühling, Sommer und Winter aufsuchte, um Farbbilddokumente ihrer einzigartigen und sterbenden Kultur zu sammeln.
In diesem Buch berichtet er über die Berber des Mittleren Atlas, die zeitweise in den typischen schwarzen Nomadenzelten, den Khaimas, leben. Er besucht dann die Oasen an der Südseite des Hohen Atlas, in denen dunkelhäutige Fellachen und hellere Berber wohnen, und steigt in die wilden, einsamen Gebirgstäler zu wenig bekannten Stämmen empor.
Ein auffälliges Merkmal dieser Gegend sind die mehrstöckigen, hohen Lehmburgen der Süd-Berber, die Kasbahs, die mit ihren zinnengekrönten vier Ecktürmen und ihrem rätselhaften Ornamentenschmuck märchenhaft wirken. Nur noch in Süd-Arabien gibt es vergleichbare Bauten. Ihnen galt das besondere Interesse Dr. Wrages, der in vielen dieser bäuerlichen Adels- und Familienburgen zu Gast war und eine Anzahl von Ihnen mit seinen Mitarbeitern vermessen und fotografieren durfte.
Neben diesen wertvollen Dokumenten einer dahinschwindenden, geheimnisvollen Kultur aber berichtet er uns anschaulich vom Berber Süd-Marokkos, von ihrem Glauben, ihren Sitten, ihren Nöten und ihren fröhlichen Festen. Ein Hauch aus einer bezaubernden, fremden Welt, die noch viele Parallelen zu unserer eigenen Vorgeschichte und der altmediterranen Kultur aufweist, berührt uns.
Durch die rasch fortschreitende Arabisierung wird diese Kultur bald verschwunden sein. Gerade dadurch erhält das Buch seinen hohen dokumentarischen Wert. Dr. Wrage hat die allmähliche Umwandlung der alten Feudal-, Stammes- und Wirtschaftsstruktur seit Jahren verfolgen können, aber noch spiegeln Kleidung, Schmuck und Haus die Eigenständigkeit dieser Welt. In einem zweiten Band wird der Autor in ähnlich anschaulicher Weise Landschaft und Mensch des Anti-Atlas und Südwest-Marokkos vor uns erstehen lassen.
Neumann Verlag Radebeul, 1. Auflage 1967
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