02 Januar 2022

Manfred Häckel: Annette von Droste-Hülshoff. Werke und Briefe


Erster Band - Lyrik, Epische Dichtungen
Die Zahl dichtender Frauen innerhalb der Literaturgeschichte ist nicht groß. Daher bleibt das Urteil der Literaturhistoriker über Annette von Droste-Hülshoff, sie sei die bedeutendste deutsche Dichterin des 19. Jahrhunderts, nur sehr relativ. Die vorliegende Ausgabe ihrer sämtlichen Werke sowie ausgewählter Briefe, eingeleitet und mit umfangreichem Anhang versehen, soll die Grundlage dafür bieten, neu zu prüfen, worauf im einzelnen der poetische Reiz der naturnahen "Heidebilder", der ahnungsvollen "Zeitbilder" oder der zweifelnd-gläubigen Verse des "Geistlichen Jahres" beruht, was den Wert der anschaulichen, lebendigen Prosa ausmacht.

Ricarda Huch beschrieb ihren Eindruck von der Drosteschen Dichtung so: "... was ihr eigentümlich war und worin sie hohe Vollendung erreichte: die sinnenhafter Darstellung sinnvoller Lebensgebilde. Die Geschöpfe, die sie vor uns hinstellt, seien es Pflanze oder Tier, Berg oder Feld, Menschen oder Geister, sind prall von Wirklichkeit, rauchen, schnauben, glühen und zittern von der Inbrunst ihres Daseins. Daß sie niemals im Teig des Unbestimmten, Allgemeinen steckenbleibt, ist um so bemerkenswerter, als eine allgemeinere Bedeutung ihren Gedichten immer innewohnt.
... ihre Stimme, sagt sie, sei schwach, aber schwach wie ein fernes Gewitter, dessen verhaltene Kraft man fühlt, tief, zitternd, wie eine sterbende Löwin. Ein fernes Gewitter, eine sterbende Löwin - es ist nicht möglich, deutlicher auszudrücken, was für eine Urkraft in ihr, und daß sie gebunden und gebrochen war... ,Am Bodensee' - ,Das Hirtenfeuer' - ,Der General' - es sind Kristalle, aus denen rubinrote Strahlen hervorzucken, die heißes Leben künden."


Zweiter Band - Prosa, Dramatische Dichtungen, Ausgewählte Briefe
Über die erste Ausgabe ihrer "Gedichte" (1838) und deren Besprechung durch Friedrich Engels schreibt Annette in einem Brief vom 20. Juli 1841: "Meinen Gedichten geht es schon gut in der zweiten wüsten Fremde. Es sind kürzlich wieder zwei Rezensionen herausgekommen (in Dresden und München), so gut wie die, die Du bei mir gelesen... Ein gewisser Engel, der in Hamburg am ,Telegraphen' schreibt, ist noch galanter und sagt in seinen (,Reiseskizzen' glaube ich), als er auf Münster kömmt, ,wie man eine Stadt so wenig beachten könne, wo man vielleicht Levin Schücking und Annette Elisabeth von D. H. unter den Bogenhallen begegnen könne', wobei er sich des breiteren über mein Büchelchen ausläßt. Die Bornstedt ist furios darüber gewesen und hat behauptet, der Mensch sei von Levin dazu gekriegt, sonst hätte er statt meiner wohl sie genannt, denn sie habe viel geschrieben und einen Namen in der Literatur, meine paar Brocken aber kenne kein Mensch."

Insel-Verlag Leipzig, 1. Auflage 1976
Vorwort: Henri Poschmann

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