14 Juli 2022

Anna Seghers: Der Aufstand der Fischer von St. Barbara

Ein Fremder war nach St. Barbara gekommen, hatte die Fischer der Bucht versammelt, zu ihnen gesprochen und Hoffnung in den zerfurchten Gesichtern und den müden Augen aufleuchten lassen. Nun steht im Morgengrauen eine drohende, dunkle Masse am Kai: die Männer von St. Barbara wollen die Ausfahrt der Schiffe boykottieren, sie wollen die Reeder zwingen, ihren gerechten Forderungen zu entsprechen, sie wollen verhindern, daß Abtrünnige unter militärischem Schutz ausfahren: In St. Barbara, dem sonst so stillen und einsamen Hafen, ist der Aufstand ausgebrochen; Schüsse fallen, Verhaftungen verbreiten Schrecken. Fischer, die ihr Leben lang nur an Fang und Segel gedacht haben, werden von der brutalen, unverhüllten Gewalt bezwungen. "Aber längst, nachdem die Soldaten zurückgezogen, die Fischer auf der See waren, saß der Aufstand noch auf dem leeren, weißen, sommerlich kahlen Marktplatz und dachte ruhig an die Seinigen, die er geboren, aufgezogen, gepflegt und behütet hatte für das, was für sie am besten war."


Aufbau-Verlag Berlin, 1958
bb Nr. 10
 

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