23 Mai 2023

István Ráth-Végh: Die Komödie des Buches

Bücher sind unsere Lehrmeister und besten Freunde, und doch wissen wir wenig von ihrer Vergangenheit; noch weniger von den Abwegen, auf die sie im Laufe ihrer Geschichte gerieten, von dem Mißbrauch, der nur zu oft mit Büchern getrieben wurde. Der durch seinen Humor bekannte Kulturhistoriker nimmt in diesem Werk die Absonderlichkeiten in der Geschichte des Buches aufs Korn, von den frühesten Zeiten angefangen. Wir erfahren, daß – nach der Behauptung der mittelalterlichen Gelehrten schon Adam eine Bibliothek besaß. Höchst unterhaltsam ist die Geschichte des Druckfehlers; interessant sind die riesengroßen und winzig kleinen Ausmaße, die das Buch zuweilen annahm, gruselig die Materialien, in die es gebunden wurde. Wir lernen Geographiebücher kennen, die das „Reich der Liebe“, und andere, die die Hölle genau beschreiben. Natürlich werden auch ernsthaftere Themen behandelt wie die Charakteristik der Bibliophilen und Büchersammler oder der ewige Kampf des Geistes mit der durch den Zensor verkörperten Fortschrittsfeindlichkeit und Prüderie. Von all dem erzählt der ebenso kundige wie humorvolle Autor in dem bei ihm bekannten angenehmen Plauderton, er führt uns sicher durch den Irrgarten der Vergangenheit und zerstreut auf recht vergnügliche Art manche falschen Vorstellungen.

Buchanfang
Die Bibliothek Adams und die Literatur vor der Sintflut

Ein Loffel Wasser ist für die Mücke das Meer
(András Dugonics)

Wann erschien das erste Buch?
Der moderne Wissenschaftler zuckt mit der Schulter, auf diese Frage gibt es keine Antwort. Man kann höchstens darüber diskutieren, welches das älteste Buch ist, das wir kennen. Die Pariser Nationalbibliothek besitzt Papyrusrollen, die aus dem Jahre 3350 v. u. Z. stammen und die der französische Orientalist Prisse d' Avennes in einem thebanischen Grab auffand. Nach ihm werden sie Prisse-Papyrusse genannt. Sie sollen das älteste Buch der Welt sein – aber kann man wissen, welche Überraschungen die ägyptischen Gräber noch für uns bereithalten?
Will man aber auf diese Frage eine ganz genaue Antwort erhalten, muß man sich nur an die Gelehrten des Perückenzeitalters wenden. Ihnen waren die Skrupel der heutigen Wissenschaftler unbekannt, und obwohl sie sich nicht aus dem Zimmer rührten, lösten sie alle Fragen – nämlich vom Schreibtisch aus. Nicht nur einzelne Gelehrte, sondern ganze Scharen von Wissenschaftlern des 17. und des 18. Jahrhunderts befaßten sich mit diesem wichtigen Problem und gelangten zu dem Schluß, daß es Adam war, der das erste Buch geschrieben hat.
Bevor wir uns aber mit den Ergebnissen ihrer Forschungen – mit den Werken Adams und seiner Bücherei bekannt machen, wollen wir die Perücken jener alten Gelehrten ein wenig lüften und sehen, was sich unter ihnen verbirgt. Natürlich sind hier nicht die wirklichen Gelehrten gemeint, die das Feld der Wissenschaft pflügten und es mit fruchtbarer Saat bestellten, so daß der späteren Forschung reiche Ernte beschert war. Nicht diese kleine Anzahl glänzender Köpfe soll vor das Tribunal gezerrt werden, uns geht es um die graue Sperlingsschar der Bedeutungslosen, die zwischen den Stoppeln der abgeernteten Felder die übriggebliebenen Körner aufpickte...

Inhalt
    5 Die Bibliothek Adams und die Literatur vor der Sintflut
  19 Die Titelsucht der Bücher
  35 Die Kosmetik des Buches
  63 Schwärmer des Buches
  97 Mörder aus Liebe zum Buch
105 Das Schicksal der Bücher
128 Kataloge nichtexistierender Bücher
134 Kuriosa der Zensur
156 Pasigraphia oder die Weltschrift
164 Garten der Erquickung und sprießende Parabel
172 Die Memorien eines Hundes
181 Nachtigallenlautlehre, Hundegrammatik und Affenwörterbuch
197 Leiden und Freuden des Buchhändlers
207 Das Wörterbuch und die Geographie der Preziösen
216 Welche Sprache sprechen die Marsbewohner?
225 Der Gemeinplatz
230 Die Ana
239 Wie schreibt man Kriminalromane?
244 Die Literatur der Grobheiten
252 Sind Frauen auch Menschen?
263 Betrugslexikon
270 Das Lexikon der Wetterhähne
278 Das Granittagebuch des Restif de la Bretonne
285 Der erste Plan zu einem Völkerbund. 1713
280 Ungewöhnliche Gebetbücher
300 Autogrammsammlung aus dem Jenseits
306 Die Vampirliteratur
319 Höllentopographie
326 Ein Besucher aus dem Fegefeuer
336 Bücher aus dem Himmelreich

Originaltitel: A könyv komédiája
Aus dem Ungarischen übertragen von Erika Széll
Zeichnungen von Líviusz Gyulai
Einband und Schutzumschlag von Judit Erdélyi

Gemeinschaftsausgabe mit Corvina Kiadó, Budapest

Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig und Weimar

1. Auflage 1964
2. Auflage 1967
3. Auflage 1984 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.