31 Juli 2023

Peter Karvas: Teufeleien

„Man muß feststellen, daß sich viele Menschen danach sehnen, Schriftsteller zu sein. Warum, ahnen sie selbst nicht. Vielleicht imponiert ihnen, in Stammbücher Gedankensplitter und volkstümliche Sprichwörter zu schreiben, Gratulationen und Sympathiekundgebungen von Menschen entgegenzunehmen, die einen mit einem anderen verwechseln, Lobeshymnen von Lesern zu erhalten, die nicht einmal den Klappentext eines ihrer Bücher gelesen haben. Ich gebe zu, all das ist anziehend und verführerisch, wenn auch vergänglich und eher kleinlich als großartig.
Und doch – der Teufel mag wissen, warum: Ich möchte auch Schriftsteller werden oder wenigstens ein junger Autor – aber das ist etwas ganz anderes!“
Natürlich, Herr Karvaš. Aber glauben Sie, daß Sie mit diesen diabolischen Späßen auf Gegenliebe bei Ihren Kollegen in Bratislava oder anderswo stoßen werden? Und noch dazu, wenn Sie es nicht bei den Sticheleien gegenüber Schriftstellern belassen, sondern sich auch mit Journalisten, Bereichsleitern, Buchhaltern, Pfaffen und gar Managern anlegen? Meinen Sie denn, daß Ihre „Teufeleien“ einen Zweck haben?
Bitte, wie war das? Was zitierten Sie von Aristophanes?
Schlechte Bürger zu verspotten ist gewiß nicht tadelnswert.
Hohn auf sie ist Lob der Guten.


Buchanfang
Über die Satire
Etwa eine Stunde nach Mitternacht klingelte das Telefon. Bekanntlich scheppert es nachts ungefähr zehnmal lauter als tagsüber. Ich erwachte sofort. Mit einem Gefühl des Abscheus, ja der erbitterten Feindschaft gegen moderne Fernsprechanlagen meldete ich mich.
„Hallo“, ließ sich eine muntere und resolute Stimme aus der Muschel vernehmen. „Bist du es? Ich rufe in einer wichtigen Sache an.“
Ich war es. „Hallo“, meinte ich verschlafen, weil man das gewöhnlich am Telefon sagt, „wer ist am Apparat, und worum handelt es sich?“
Ein mir bekannter Redakteur meldete sich. Ich hatte ihn seit fünf Jahren nicht mehr gesehen. Morgen früh wären es fünf Jahre und sechs Stunden gewesen. Um es offen und ehrlich zu gestehen – ich hätte es bis dahin ausgehalten.
„Ich muß dich unbedingt sprechen!“ kam es derart kategorisch und laut aus dem Hörer, daß ich ihn ein ganzes Stück vom Ohr weghalten mußte. „In einer äußerst wichtigen, unaufschiebbaren Angelegenheit!“
„Ich lasse morgen von mir hören“, sagte ich und gähnte nachdrücklich, wobei ich besonderes Gewicht auf die akustische Wirkung legte.
„Warum erst morgen?“ wunderte sich der Redakteur geradezu beleidigt. „In einer Minute bin ich bei dir! Hast du Kaffee?“

Inhalt
Über die Satire
Konfetti
  Äußerst peinlich
  Die angehaltene Zeit
  Der Druckfehler
Romanzen und Tragödien
  Bereichsleiter Barometer
  Ein trauriger junger Mann
  Der Riese
Comics
  Die Klienten des Abbé Richter
  Leutnant Clifford und die heilige Anna
  Eine Botschaft aus dem Weltall
In den Armen der Muse
  Schriftsteller
  Das Fernsehinterview
  Der gesellschaftliche Aktionsradius
  Aufstieg und Fall des Barnabáš Kos

Herausgegeben von Dr. Günther Jarosch
Titel der Originalausgaben: Čertoviny und Konfety a leporela
Aus dem Slowakischen von Dr. Günther Jarosch und Frido Bunzl
Schutzumschlag und Einband: Gerhard Milewski

Eulenspiegel Verlag, Berlin

1. Auflage 1968

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