24 Februar 2024

Nana Bauer (Hrsg.): Warum? Weshalb? Wieso? - Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder / Band 6

Einbandtext:
Interessant und aufregend ist das Leben auf unserem Planeten Erde – voller Rätsel und Fragen. Ihr habt uns Eure Fragen geschickt und werdet es hoffentlich auch weiterhin tun. Wir haben diese Fragen zusammengetragen, alltägliche und außergewöhnliche, scheinbar nebensächliche, aber auch bedeutende. Und bekannte Kinderbuchautoren und namhafte Wissenschaftler wollen sie Euch in unserer Reihe «Warum? Weshalb? Wieso?» beantworten. Es sind Fragen aus vielen Wissensgebieten, aus Kunst und Kultur, Gesellschaftswissenschaft, Biologie, Physik, Technik und Sport. So soll diese Reihe sowohl zum Lesen und Lernen als auch zum Nachschlagen und Entdecken anregen.

Aus dem Buch:
Was macht ein Lotse?
Fragt man einen Lotsen, was er nicht leiden kann, dann wird er sagen: schlechte Kapitäne, schlechtes Wetter, schlechten Kaffee, und den dann wohl besonders nicht.
Manchmal gibt es auch schlechte Schiffe. Sie steuern nach links, aber sollen nach rechts, das heißt nach Backbord oder Steuerbord, denn «links und rechts» gibt es auf Schiffen nicht. Wieder andere steuern mit Verzögerung, das sind die gefährlichen Tanten. Folgen erst überhaupt nicht, aber plötzlich wie verrückt nach Backbord oder Steuerbord, und der Kapitän fängt an zu schreien, und der Lotse sagt: Was haben Sie für ein Schiff?! So eigensinnig, nein! Ein guter Lotse kennt sich aus mit jedem Schiff, auch wenn er es noch nie zuvor gesehen hat. Er schätzt es ab nach Länge, Höhe, Breite und fragt besonders nach dem Tiefgang. Die Aufbauten sieht er, den Rumpf: wie weit es weggeladen ist, die Nase vielleicht zu tief, das macht die Manöver komplizierter. Ein Schiff lebt mit dem Wasser, und wer es betritt und das Wasser kennt, hat ein Gefühl sofort, wie sich das Schiff in diesem Wasser verhält: auf Strömung, auf Sandbänke reagiert und auf den Wind von See und den von Land.
Seit Schiffe fahren, gibt es Lotsen. Manche mit Bart und roter Nase, die meisten aber sehen unauffällig aus: in dunkelblaues Zeug gekleidet, ganz selten goldene Knöpfe dran, und eine dunkelblaue Mütze auf dem Kopf. Alle sind lange zur See gefahren, jeder dabei ein Kapitän, mit Schiffen und Meeren vertraut, drei Dutzend Häfen dazu: von Yokohama bis Rotterdam.
Das hört sich mächtig an, die halbe Welt liegt drin, und ein Lotse, ein richtiger so, der hat das auch schon in den Augen. Dem macht keiner was vor, der weiß Bescheid, auch über das Leben im ganzen, und jeder Tag beschert ihm neue Geschichten. Denn die Zeit, die man braucht, ein Schiff von draußen in den Hafen zu bringen und umgekehrt: von drinnen wieder hinaus auf See – diese Zeit reicht immer aus, um vielerlei zu erfahren: Glück oder Unglück einer Reise, persönliche Freude, Liebesleid, Geschichten von Hoffnung und Erwartung – der Lotse nimmt alles in sich auf, und je nachdem, wie er selber ist, bringt er davon auch etwas mit an Bord: Ruhe zum Beispiel, Freundlichkeit. Er bestimmt nicht nur den Kurs, der jetzt zu steuern ist, sondern macht die Laune neu, denn bei seinem Anblick fühlt sich der Seemann fast schon zu Hause oder, an fremder Küste, in der sicheren Obhut einer kundigen Hand.
Ein Lotse, indem er heißen Kaffee schlürft, muß alles sehen und bedenken, denn die Schiffe werden immer größer, und es fahren immer mehr. Vor hundert Jahren, könnte jemand sagen, hatten es die Lotsen leichter.

Für Leser von 9 Jahren an
Illustriert von Renate Totzke-Israel

Verlag Junge Welt, Berlin
1. Auflage 1990

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