05 Oktober 2024

Peter Brock: Die Wunderbrille

Buchanfang:
Das war vielleicht ein verrückter Tag, sag ich euch, als ich zum ersten Mal die Geschichte von der Wunderbrille hörte.
Es fing damit an, daß meine eigene Brille spurlos verschwunden war. Wie weggepustet!
„Wer, zum Kuckuck, hat mir das Ding verschleppt“, knurrte ich und kroch unterm Sofa hervor. „Sabine! Mummel! Habt ihr etwa wieder ‚Puppendoktor’ gespielt?“
„Da ist sie ja“, rief meine Frau, die den Papierkorb auf dem Teppich ausschüttete. Aber es kam bloß das leere Futteral zum Vorschein.
„Vielleicht hast du sie als Lesezeichen benutzt?“ fragte Eberhard Binder mit bissiger Stimme. Er war mit einer Mappe voller Zeichnungen für meinen neuen Kinderroman gekommen und wartete nun schon eine geschlagene Stunde darauf, daß ich sie mir ansah.
Jetzt meldete sich Sabines piepsige Stimme hinterm Bücherregal: „Ich bin schon bei Band 13, Papa. Zwischen PISA und RUDELSBURG steckt sie auch nicht.“
Diese alberne Göre blätterte wahrhaftig im GROSSEN BROCK- HAUS nach. Und ich stapfte hilflos und bärbeißig im großen Papierhaufen herum. In meiner Kurzsichtigkeit sah ich nur feixende Gesichter um mich her. Plötzlich baumelte etwas um meinen Kopf, und ich griff beherzt zu.
„Laß den Fliegenfänger hängen“, sagte meine Frau, „dort klebt sie auch nicht.“
„Jetzt ist's aber genug!“ schrie ich, weil Eberhard so unverschämt lachte. „Wollt ihr mich alle zum Narren halten?“
Da klingelte es. Und gleich darauf wurde die Tür aufgerissen. „Einfach toll, diese Brille!“ rief jemand und stürmte herein.
„Bodo – du? Wo hast du sie gefunden?“
„Entdeckt hab ich sie, mein Lieber, entdeckt! Ich, der Reporter Bodo Knacks. Unwahrscheinliche Eroberung! Eine Wunderbrille, sag ich euch. Professor Kindelmann spricht von einer umwälzenden Erfindung. Sogar in der Ophthalmologie, sagt er...“
Wir starrten ihn an. Bis heute wußten wir nur, daß er Knacks hieß. Daß er auch einen hatte, war uns neu. Seine Berliner Redaktion hatte ihn vor einiger Zeit nach Leipzig geschickt. Er sollte dort eine Reportage von der Internationalen Kinderbuchausstellung machen. Wir hatten uns schon gewundert, daß man gar nichts von ihm hörte und las. War ihm unterwegs etwas zugestoßen?

Illustrationen von Eberhard Binder
Für Leser von 9 Jahren an

Der Kinderbuchverlag, Berlin
1. Auflage 1964
2. Auflage 1965
3. Auflage 1975
4. Auflage 1982

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Einbandtext:

Wer möchte nicht eine Wunderbrille haben? Ulli erhält sie geliehen und glaubt so stark an ihre Kraft, daß es ihm gelingt, dadurch sein Ansehen in der Schule und bei seinen Freunden zu heben.
Eines Tages aber erlischt der Zauber der Brille.
Ulli jedoch ist inzwischen um manche Erfahrung reicher; er wird auch ohne Brille Erfolg im Leben haben und sicherlich später einmal Pilot einer großen Maschine sein.
Der Flugrekord seines selbstgebastelten Modells erfüllt ihn mit großer Zuversicht.

Illustrationen von Eberhard Binder
Für Leser von 9 Jahren an


Der Kinderbuchverlag, Berlin
Reihe:
Alex Taschenbücher, ATB Nr. 87
1. Auflage 1983 

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schönes Buch, was auch Kindern zeigt, dass zum einen auch ein Leben mit Brille nicht unbedingt schlechter ist. Vor ein paar Jahren, waren ja Kinder mit Brille noch die Ausnahme, dies ändert sich langsam. Und später kann man dann immer noch lasern und so tatsächlich Pilot werden.

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