15 Dezember 2024

Conrad Vollmer: Kleine Baumchronik

Buchanfang:
EIN NOTWENDIGES VORWORT
Weißt du, was eine Chronik ist? – Chronos ist ein griechisches Wort und bedeutet: Zeit. Danach nannten die Griechen und nach ihnen die Römer die fortlaufenden Aufzeichnungen geschichtlicher Ereignisse chronica, und daraus ist über das mittelalterliche Latein das deutsche Lehnwort Chronik entstanden.
Eine Baumchronik ist also eine Aufzeichnung aus der Geschichte der Bäume. Jawohl, auch Bäume haben ihre Geschichte! Das gilt für einzelne, wie auch für ganze Arten. Sicher kennst auch du einen alten berühmten Baum, von dem die Überlieferung berichtet, daß er schon vor Jahrhunderten wegen seiner Größe und Schönheit besucht und bewundert wurde. An der Form von Stamm und Krone eines einzelnen Baumes vermag der Fachmann oft sein ganzes Geschick ab- zulesen; er kann mit dem Dichter sagen:

Eure Kronen bewahren Vergangenes in
rätselvoller Sprache. (Otto Ernst)

Auch die verschiedenen Gattungen und Arten unserer Waldbäume haben eine lange und wechselvolle Geschichte. Davon vermag freilich nicht mehr ein einzelner Baum vollständig zu berichten, denn über dem geschichtlichen Geschehen sind Generationen gekeimt, aufgewachsen und wieder dahingesunken. Auch menschliche Überlieferungen und Urkundensammlungen können hier nicht weiter helfen. Denn die alte Geschichte unserer Bäume hat sich abgespielt, als in unserer mitteleuropäischen Heimat Menschen noch nicht leben konnten .........

VOM WESEN DER BÄUME
Die Bäume sind die eindruckvollsten und gewaltigsten Pflanzengestalten der Erde. Manche Arten wachsen bis zu Höhen über hundert Meter empor; viele Einzelbäume werden Hunderte, ja Tausende von Jahren alt. Alte, ehrwürdige Bäume, die lange vor uns Lebenden schon grünten und uns alle vielleicht überleben werden, gibt es auch in unsern Wäldern und Fluren. Vielleicht kennst du selbst eine „tausendjährige“ Eiche oder Linde? Nur an Höhe können es die einheimischen Bäume nicht mit manchen „Ausländern“ aufnehmen. Unsere höchstwüchsigen Bäume, alte Tannen oder Fichten in günstigen Lagen, erreichen nur selten eine Höhe von sechzig Metern. Dagegen gibt es in anderen Erdteilen Baumarten, die wesentlich höher werden.
Die gewaltigsten Bäume der Erde sind die Mammutbäume im Felsengebirge Kaliforniens. Von ihnen ist schon viel in Wort und Bild berichtet worden; sicher hast auch du schon von ihnen gehört. Dabei waren sie bis 1850 nur vom Hörensagen bekannt. Der erste Botaniker, der vor den Riesenstämmen von mehr als hundert Metern Höhe und über zehn Meter Durchmesser stand, war Engländer, und so wurde der Baum nach Englands Nationalhelden Wellingtonia genannt. Das ließ den Amerikanern keine Ruh; sie tauften ihn in Washingtonia um! Vergleiche ergaben aber, daß er als neue Art zu der schon längere Zeit bekannten, ebenfalls riesigen, Küstensequoie gestellt werden mußte. Als Sequoia war er zum dritten Mal nach einem berühmten Mann genannt: Sequo Yah war der Häuptling der Irokesen, der ihnen ..........

Inhalt:
Ein notwendiges Vorwort ....... 7
Vom Wesen der Bäume ....... 9
Ein kurzes Kapitel Erd- und Vorgeschichte ....... 17
Versteckte Urkunden in natürlichen Archiven ....... 27
Die ersten Rückwanderer ....... 34
Die Haselzeit ....... 42
Der Sieg des Eichenmischwaldes ....... 45
Die Buchenzeit ....... 65
Die Wildobstbäume ....... 71
Fichten und Tannen ....... 76
Von den Bäumen zum Walde – vom Wald zum Forst! ....... 91
Wir lernten kennen ....... 106
Schrifttum ....... 112

Mit 16 Tafeln von Renate Müller
und 16 Rindenfotos von Kurt Herschel

Die Federzeichnungen stammen vom Verfasser und von Renate Müller.
die technischen Zeichnungen von Günther Hartmann.

Jugendbuchverlag Ernst Wunderlich, Leipzig
Reihe:
Jugendbuchreihe „Erlebte Welt“; Band 35
1. Auflage 1954 / 1.-10. Tsd.

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