Vorwort
Heutzutage steigen die Leute, nachdem sie sich überzeugt haben, daß es die richtige Linie ist, in die Straßenbahn ein, und fertig. Sie lesen oder dösen ein bißchen, und die wenigsten Fahrgäste machen sich Gedanken darüber, warum, weshalb, wieso, seit wann und wie lange noch Straßenbahnen in den Städten fahren. Sie bezahlen ihr Fahrgeld, und alles andere ist Sache der Straßenbahn oder der Straßenbahner. Es gibt sogar Leute, die nicht mal bezahlen!
Aber die Straßenbahn ist eine ganz interessante Angelegenheit, und wer dieses Büchlein hier bis zum Ende gelesen hat, der ist fein raus. Genau wie Michael Deichmann, dessen ganze Familie mit diesem Verkehrsmittel eng verbunden ist. Schon sein Ururopa hatte mit der Straßenbahn zu tun, die seinerzeit allerdings noch etwas anders aussah als die heutigen Tatra-Straßenbahnen aus Prag. Michaels Uropa war bei der Straßenbahn, Michaels Opa ebenfalls, und Michaels Vater arbeitet für die Straßenbahn. Die Mutter nicht, aber sie hat Michael eingeschärft, pünktlich mit der Bahn vom Fußballtraining nach Hause zu kommen.
Also, wie gesagt: Wenn einer ein bißchen besser über die Straßenbahn Bescheid weiß und dann erlebt, wie die anderen Fahrgäste lesen oder dösen, ist er ihnen haushoch überlegen. „Wenn die wüßten, was ich weiß“, sagt er glücklich, schließt die Augen und fährt versehentlich ein paar Haltestellen zu weit. Genau wie Michael Deichmann. Pech im Glück nennt man das wohl. Am Schluß des Buches weiß jeder genau, was es nun eigentlich war.
John Stave
Buchanfang:
Wie der Stadtverkehr entstand
Wollte man in früheren Zeiten reisen, so kam man nicht leicht von einer Stadt zur anderen. Zuerst wurden überhaupt nur Briefe oder Nachrichten transportiert.
Das besorgten Boten zu Fuß oder zu Pferde. Später, im Mittelalter, ratterten Postkutschen über die holprigen Landstraßen und nahmen auch Leute mit, meist Händler oder Beamte.
Natürlich mußten die Pferde unterwegs gewechselt werden. Das geschah in Ausspannungen oder Poststationen. Da gab es auch Erfrischungen für die Reisenden, denn so eine Postkutsche war oft mehrere Tage unterwegs.
Und in den Städten? Was war dort los? Fuhr dort schon eine Straßenbahn?
Bevor man an die Straßenbahn überhaupt nur denken konnte, mußten erst einmal die Städte wachsen. In Neubrandenburg zum Beispiel, auch in Bernau und in vielen anderen Städten, kann man noch heute die mittelalterlichen Befestigungsanlagen erkennen. Man läuft von einem Stadttor zum anderen höchstens 15 Minuten. Und Berlin war damals nicht größer als ein Dorf, etwa so groß wie heute Kümmernitz, Klein Bademeusel, Siegrothsbruch oder gar Kaltwasser. Es war also überhaupt nicht notwendig, in irgendeiner Stadt, ob Berlin, Dresden, Leipzig oder anderswo, Straßenbahnen ihre Runden drehen zu lassen. Erst als das technische Zeitalter begann .........
Illustrationen von Jens Prockat
Für Leser von 7 Jahren an
Verlag Junge Welt, Berlin
1. Auflage 1982
2. Auflage 1986
3. Auflage 1989
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