Aus dem Buch:
Fanta Giro mit dem lieben Gesicht
Ein italienisches Märchen
Es war einmal, und es ist schon lange, lange her, ein König, der hatte drei schöne Töchter. Die erste hieß Karolina, die zweite Assuntina und die dritte Fanta Giro mit dem lieben Gesicht, weil sie von allen dreien die schönste war.
Diesen König nun quälte ein böses Leiden, das keiner zu heilen wußte. Deshalb blieb der König in seinem Gemach. Darin standen drei Sessel. Jeden Tag, wenn seine Töchter kamen, ihm einen guten Morgen zu wünschen, galt ihr erster Blick dem Sessel, auf dem der König saß, denn der blaue bedeutete Freude, der schwarze Trauer und der rote Krieg.
Eines Tages, als die Prinzessinnen in die Kammer traten, saß der König auf dem roten Sessel.
„Was ist geschehen, lieber Vater?“ fragte die Älteste.
„Der König des Nachbarreiches hat einen Boten geschickt und uns den Krieg erklärt“, antwortete der König. .....
..... Auch die zweite Tochter kam nicht weit. Als sie zu dem Schilfrohr kamen, gab sie zwar keinen Mucks von sich, aber dann zogen sie durch ein Wäldchen mit lauter schönen, kerzengerade gewachsenen Bäumen.
Da hielt sie es nicht länger aus und seufzte:
„Ach, diese schönen, geraden Stämme, was für herrliche Spinnrocken man daraus machen könnte!“
„Nach Hause, Prinzessin!“ rief der treue Diener.
„Du hast an Spinnrocken gedacht.“ .....
..... Am dritten Tag erschien Fanta Giro vor dem König und bat ihn sehr, nun sie in den Krieg ziehen zu lassen.
„Du bist noch viel zu jung! Wenn deine beiden älteren Schwestern nichts ausgerichtet haben, wird es dir auch nicht glücken“, wehrte der König.
„So versuch es doch wenigstens mit mir, Vater, es kostet dich doch nichts“, bat Fanta Giro. „Du wirst sehen, daß ich dir keine Schande machen werde. Bitte, erlaube es mir!“
Da sagte sich der König, daß er es ja auch mit ihr versuchen könne, und gab dem Diener die gleichen Anweisungen wie zuvor. Fanta Giro zog sich eine Rüstung über und nahm ein Schwert und eine Pistole, so daß sie wie ein richtiger Kürassier aussah. Dann zogen sie los. .....
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Die Muschelfee
Ein chinesisches Märchen
Gleich vielen anderen war auch Wang Siao von klein auf ein Waisenkind. Vom Vater hatte er eine Lehmhütte am Flußufer und ein altes Fischerboot ererbt. Der kleine Wang Siao mußte seinen Lebens- unterhalt selbst verdienen; Tag für Tag fuhr er auf den Fluß hinaus und fischte. Den Fang verkaufte er dann auf dem Markt in der Stadt. .....
..... Als ihn seine Frau den Weg zum Hause heranwanken sah, lief sie zu ihm und fragte, was geschehen sei.
„Ach, frage lieber nicht“, jammerte Wang Siao. „Ich soll dem Mandarin binnen drei Tagen innerhalb der Mauer einen schönen Park mit Bäumen, Blumen und Vögeln und einen Fluß voller Fische außen um die Mauer herum anlegen. Wenn es mir nicht gelingt, läßt er mir den Kopf abschlagen.“
„Sei nicht traurig", tröstete ihn sein schönes Weib, „vertraue mir, und in drei Tagen wird der Mandarin den Park und den Fluß haben.“
Am dritten Tage weckte die Frau Wang Siao bei Morgengrauen und bat ihn, ihr beim Ausschneiden von bunten Vögeln, Bäumen, Blumen und Fischen aus Papier zu helfen. Dann gingen sie zum Palast. Die Fee zog aus ihren Haaren eine lange Nadel und zeichnete einen Kreis um die Mauer. ......
Nacherzählt von Jan Vladislav
Deutsch von Věra Cifková
Illustriert von Voitěch Kubašta
ARTIA Verlag, Prag
1. Auflage 1966
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