16 November 2021

Iwan Turgenjew: Ein Adelsnest

Wir brauchen Menschen der Tat und nicht der abstrakten, stets ein wenig epikureischen Betrachtungen. Diese Erkenntnis ist, wenn auch undeutlich, so doch schon bei vielen zum Ausdruck gelangt, als "Ein Adelsnest" erschien. Das Talent des Herrn Turgenjew zusammen mit seinem sicheren Gefühl für die Wirklichkeit hat ihm auch diesmal mit Triumph aus der schwierigen Lage geholfen. Er hat es verstanden, Lawrezki so hinzustellen, daß es schwer ist, ihn ironisch zu behandeln, obschon er zu der gleichen Art nichts leistender Typen gehört, die wir mit einem Lächeln betrachten. Das Dramatische seiner Situation besteht nicht mehr in dem Kampf mit seiner eigenen Ohnmacht, sondern in dem Zusammenstoß mit solchen Anschauungen und Sitten, mit denen zu kämpfen auch für einen energischen, kühnen Menschen etwas Erschreckendes sein muß. - Nikolai Dobroljubow

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1980
Einbandgestaltung: Heinz Hellmis
 Abbildung: "Im Park" 1874 von W. D. Polenow (Ausschnitt)
Aus dem Russischen übersetzt von Herbert Wotte.
Mit einem Nachwort von Klaus Dornacher
Taschenbibliothek der Weltliteratur (TdW)

Wolfgang Kohlhaase: Silvester mit Balzac und andere Erzählungen

Klappentext:
Bevor wir uns über das vorliegende Werk äußern, wollen wir festhalten, daß dessen Autor es einem sehr schwer macht, wenn man ihn zu einer Kategorie aus dem Literaturkatalog passen möchte.
Es ist nämlich ein ruhmbedeckter Mann, der uns mit einem Erstling kommt. Seinem ersten Buch. Seinem ersten Erzählband jedenfalls. Bücher gibt es die Menge von ihm, Drehbücher der erwähnte Ruhm ist vorzüglich auf diese gegründet. Der Verfasser des hier anzupreisenden Erstlingswerkes (ein verrücktes Wort ist das!) ist ein Veteran der anderen Medien. Film, Fernsehen, Funk, Bühne und Kunstkongresse – sie alle sind mit Glanzstücken versehen, die der Schriftsteller Kohlhaase angefertigt hat. Ein Buch, ein richtiges, wie die richtigen Bücherschreiber sagen, bekommen. wir nun erst von ihm. Wird aber Zeit.
Kenner von Kohlhaase-Geschichten warten seit dreißig Jahren auf dies Ereignis. Denn solange ist es her, daß ein sechzehnjähriger Wolfgang Kohlhaase zum ersten Mal öffentlich von sich reden machte, indem er gar erstaunliche Sachen zum Druck gab. Bei Zeitungsredaktionen, aber nie in einem ordentlichen Verlagshaus, wo sie richtige Bücher herstellen.
Der Knabe K. wuchs heran, blieb erstaunlich, schrieb weiter erstaunlich, schrieb immer Vorzügliches, wenn er Seh- und Hörstücke machte, und blieb eine Hoffnung, wo es um deutsche Prosa ging, die erst zählt, wenn sie in einem Buch versammelt ist.
Der Mann ließ uns warten und hat es auf raffinierteste Weise getan: Immer wenn wir meinten, nun müßten wir von aller Hoffnung lassen, hat der Erzähler Kohlhaase eine fabelhafte Geschichte geschrieben, hat literarischen Magazinen damit zu Gewicht verholfen und uns zu Gründen, die Zuversicht wieder in uns festzumachen.
Denn wer so glänzende Dinge zuwege bringt. wie „Inge, April und Mai“ oder „Erfindung einer Sprache“ oder „Worin besteht das Neue auf dem Friedhof?“ oder so einen trockenen kurzen „Haken wie Kohlen und Kavallerie“, der kann doch dann nicht einfach aufhören, der muß mit Weiterem herausrücken, und eines Tages, so hofften wir, würden diese Geschichten von so vorzüglicher Qualität auch in jener Quantität vorhanden sein, an die ein Verleger denkt, wenn er an richtige Bücher denkt. Es ist soweit, und ein Hundsfort, wer sich noch länger mit einem Klappentext zwischen Wolfgang Kohlhaases Geschichten und deren Leser drängeln wollte!
Hermann Kant

Inhalt:
Inge, April und Mai ...... 5
Mädchen aus P. ...... 44
Erfindung einer Sprache ...... 60
Begräbnis einer Gräfin ...... 75
Nagel zum Sarg ...... 105
Als der Regen kam ...... 114
Immer icke ...... 124
Bruder Alfred ...... 139
Johanniter und Blei ...... 141
Kohlen und Kavallerie ...... 146
Worin besteht das Neue auf dem Friedhof? ...... 149
Lasset die Kindlein... ...... 158
Silvester mit Balzac ...... 177

Einbandgestaltung Rolf Xago Schröder

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1977
2. Auflage 1978
3. Auflage 1979
4. Auflage 1981

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Verlagstext:
Wolfgang Kohlhaase war sechzehn, als er zum ersten mal Geschichten veröffentlichte, in Zeitungen. Dreißig Jahre später kam sein Erzählungsband - "Silvester mit Balzac". Da gab es bereits jene Drehbücher und Hörspiele, die seinen Namen bekannt gemacht hatten. Die Geschichten aber erzählt Kohlhaase, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan: sicher und souverän, packend und unaufdringlich, oft komisch, immer sehr genau.


Am dreißigsten März 1945 küßt ein Dreizehnjähriger das Mädchen Inge. Mit den Verwirrungen seiner Kinderliebe erlebt er zugleich das Chaos des Kriegsendes. Aufbruch und Zusammenbruch. In einem KZ-Lager erfindet ein Häftling eine Sprache, Preis für erträgliche Arbeit, also Chance zum Überleben. Ist eine tote Gräfin ein politischer Fakt, wenn sie plötzlich wieder dort auftaucht, wo man ihr Land verteilt hat? Ihr Begräbnis erregt jedenfalls die Gemüter. Aus Zufall wird ein Mord entdeckt, längst verjährt, aber nicht für die Täterin. Sie wartet auf die Gerechtigkeit. Weil sich an Feiertagen die ungeklärten Verhältnisse zuspitzen, flüchtet einer Silvester nach Budapest. Die Ratlosigkeit aber kann er nicht abschütteln.


1. Auflage 1980
© Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1977
Einbandgestaltung: Rolf Xago Schröder, Gerhard Kruschel
DDR 1,85 M
bb

15 November 2021

Halldór Laxness: Das wiedergefundene Paradies

Weithin berühmt sind die kunstvollen Mauern des Leitenhofes in Ostisland, an denen viele Generationen gebaut haben. Diese Mauern sind der Stolz des Leitenbauern Steinar, ebenso wie das weiße Wunderpferd Krapi, das Steinars Kinder für ein elbisches Wesen halten. Der Leitenbauer macht Krapi dem König Christian Wilhelmssohn zum Geschenk, der im fernen Dänemark lebt, und König Christian revanchiert sich für die fürstliche Gabe, indem er Steinar einlädt, ihn in seinem Schloß in Kopenhagen zu besuchen. Die Begegnung mit Königen, Zaren, Kronprinzen und Großfürstinnen beeindruckt Steinar indes nicht annähernd so wie die mit dem Mormonenbischof Didrik, der die Herrlichkeit des Neuen Zion in der Salzwüste von Utah preist. Die Hoffnung auf mehr Wohlstand und Gerechtigkeit, als sie in Island zu finden sind, führt Steinar nach Amerika, in ein neues Leben mit neuem Glauben; doch als er nach vielen Jahren vor den verfallenen Mauern des Leitenhofes steht, erscheint ihm ihr Wiederaufbau wichtiger als die Verwirklichung des Gottesreiches auf Erden.

Aufbau-Verlag, 1. Aufl., 1982
Taschenbibliothek der Weltliteratur (TdW)
Abbildung: "Das Tal Laugardalur" von Edward Dayes (Ausschnitt)
Titel der isländischen Originalausgabe "Paradisarheimt"

Knut Velhagen: „Operación Chanchera“

„Setzen Sie sich!“ Pastora wies auf eine als Sitzgelegenheit dienende Munitionskiste.

Allgemeines Geplauder, ein paar persönliche Fragen nach der Familie. Aber deshalb hat er mich doch nicht rufen lassen, dachte Ernesto. Dann endlich eine erste, wahrscheinlich auf den Zweck des Ganzen zielende Frage. „Können Sie einen LKW fahren? Waren Sie schon mal in Managua?“

Fahren könne er, meinte Ernesto. Managua, die Hauptstadt, aber kenne er nur dem Namen nach.

Pastora schwieg einige Sekunden, beugte sich dann vor, sah dem jungen Kämpfer fest in die Augen und fragte mit gedämpfter Stimme: „Wären Sie bereit, bei einer Aktion mitzuwirken, die für unsere Bewegung äußerst bedeutsam, in ihrem Ausgang aber höchst ungewiß ist? Um es deutlicher zu sagen: sind Sie bereit, Ihr Leben aufs Spiel zu setzen?“

Pastora mochte Gründe haben, so zu fragen. Sicherlich wurde da ein kreuzgefährliche Sache geplant…

Militärverlag der DDR Berlin 1984
Tatsachen 224

Guy de Maupassant: Eine Landpartie - Novellen

 In seiner Grabrede für Maupassant sagte Zola, es sei die besondere Gabe des Freundes gewesen, auf wenigen Seiten einer kurzen Geschichte "das Mark" dessen zu bieten, wozu andere den breiten Raum eines ausführlichen Romans benötigt hätten. Und eben hierin besteht die Originalität und die über den Bezirk der schönen Literatur hinausreichende Bedeutung Guy de Maupassants: seine Novellen sind nicht nur kurzweilige Geschichten und jede ein Kunstwerk; sondern es setzt sich aus ihnen das Mosaikgemälde einer zugleich glänzenden und kranken Gesellschaft zusammen. - Victor Klemperer (1950)

1. Auflage 1989
Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1982, 1983 und 1984
Reihenentwurf: Heinz Hellmis
Einbandgestaltung: Regine Schmidt
Auswahl: Christel Gersch
Aus dem Französischen übersetzt.
Taschenbibliothek der Weltliteratur (TdW)


14 November 2021

Ulrich Komm: Im Frühlicht


 Leben und Erleben eines deutschen Offiziers im zweiten Weltkrieg stehen im Mittelpunkt des spannenden Erstlingsromans von Ulrich Komm. Von der Winterfront vor Moskau bis zum Stellungskampf auf einer der griechischen Inseln im Ägäischen Meer lernt Oberleutnant Grigoleit allmählich die Wirkungen des faschistischen Systems in einer Weise kennen, daß der Mensch unter der Uniform aufbegehrt und der Soldat in ihm den Glauben an die Ideale von Ehre und Ritterlichkeit verliert. Nach langem innerem Ringen zwischen Menschlichkeit und sturem Gehorsam, aus aufwühlenden Widersprüchen findet er schließlich neue sinnvolle Ziele.

Verlag der Nation Berlin 1959

Michail Prischwin: Grau-Eule


 Wascha-Kwonnensin heißt er, das bedeutet „der nächtliche Wanderer“ oder „Grau-Eule“. Er ist ein Indianer und lebt mit seiner Frau Anachareo – das heißt Pony – von der Jagd auf wilde Tiere im Norden Amerikas, in Kanada. Sie sind Jäger, aber sie träumen von einem Land, wo die Tiere noch friedlich leben können.

Zwei winzige Biber kreuzen ihren Weg, hilflos und zärtlich wie Menschenbabys. Das Indianerehepaar behält die Tierchen bei sich, zieht sie auf und verwöhnt sie – und erlebt mit diesen Geschöpfen und später mit dem Biberfräulein Jelly Roll erstaunliche Dinge: Sie passen sich ganz und gar den Menschen an … und aus dem Jäger Grau-Eule wird ein berühmter Tierzüchter.

Verlag Progress Moskau
Zeichnungen von Kurt Zimmermann