26 September 2024

Mark Twain: Tom Sawyers Abenteuer; Huckleberry Finns Abenteuer

VORWORT
Die meisten der in diesem Buch festgehaltenen Abenteuer sind wirklich geschehen, ein oder zwei erlebte ich selbst, die übrigen begegneten Jungen, die mit mir in die Schule gingen. Huck Finn ist nach dem Leben gezeichnet, Tom Sawyer ebenfalls, jedoch nicht nach einem einzelnen; er ist die Verbindung der Charaktereigentümlichkeiten dreier Jungen, die ich kannte, und gehört deshalb zur architektonischen Säulenordnung mit Kompositkapitell.
Die beiläufig erwähnten, eigenartigen abergläubischen Vorstellungen herrschten sämtlich zur Zeit dieser Begebenheiten, das heißt vor dreißig, vierzig Jahren, bei Kindern und Sklaven im Westen.
Obgleich mein Buch vor allem für die Unterhaltung von Jungen und Mädchen bestimmt ist, hoffe ich doch, daß Männer und Frauen es deshalb nicht meiden werden, denn meine Absicht war zum Teil, Erwachsene auf angenehme Weise daran zu erinnern, wie sie einst selbst waren, wie sie empfanden, dachten und redeten und in was für seltsame Unternehmungen sie sich zuweilen einließen.
Hartford, 1876 / Der Verfasser

Buchanfang:
„Tom“
Keine Antwort.
„Tom“
Keine Antwort.
„Was ist bloß wieder los mit dem Jungen, möcht ich wissen! Huhu, Tom!“
Die alte Dame schob ihre Brille hinunter und blickte darüber hinweg im Zimmer umher, dann schob sie sie hinauf und blickte darunter hervor. Selten oder nie blickte sie hindurch, um nach einem so kleinen Gegenstand wie einem Jungen Ausschau zu halten, denn es war ihre Staatsbrille, der Stolz ihres Herzens, geschaffen, um „elegant“ zu wirken, und nicht, um ihr zu dienen; ebensogut hätte sie auch durch ein Paar Herdringe blicken können. Einen Augenblick schien sie verblüfft, dann sagte sie, nicht gerade zornig, aber doch laut genug, daß es die Möbel hören konnten: „Na warte, wenn ich dich erwische, dann...“
Sie beendete den Satz nicht, denn sie hatte sich bereits gebückt und stieß mit einem Besen unter dem Bett herum daher brauchte sie ihren Atem, um den Stößen Nachdruck zu verleihen. Sie förderte nur die Katze ans Licht.
„So was wie diesen Bengel hab ich noch nicht gesehn!“
Sie trat an die offene Haustür, blieb stehen und ließ den Blick über die Tomatenstöcke und „Steckapfelbüsche“ schweifen, aus denen der Garten bestand. Weit und breit kein Tom. Sie hob daher die Stimme zu einer für die Ferne berechneten Lautstärke und rief: „Hu-h-u-u, Tom!“
Hinter ihr war ein leises Geräusch zu vernehmen, und sie wandte sich um, gerade noch rechtzeitig, um einen kleinen Jungen beim Jackenzipfel zu erwischen und seine Flucht zu vereiteln. „Da bist du ja! An den Wandschrank hätt ich auch denken können! Was hast du denn da drin getan?“
„Nichts.“
„Nichts. Guck dir doch deine Hände an, und guck dir deinen Mund an. Was ist das für Zeug?“
„Weiß ich doch nicht, Tante.“
„Na, ich weiß es aber. Marmelade ist's! Hundertmal hab ich dir gesagt, bleib mir von der Marmelade, sonst gerb ich dir das Fell. Reich mir mal die Rute her.“
Die Rute schwebte in der Luft. Es bestand höchste Gefahr.
„O herrje! Guck dich um, Tante!“
Die alte Dame fuhr herum und raffte mit einem Griff ihre Röcke hoch, um sie aus der Gefahrenzone zu bringen; im gleichen Augenblick entfloh der Junge, erkletterte den hohen Bretterzaun und verschwand darüber. Tante Polly stand einen Augenblick verdutzt da und brach dann in leises Lachen aus.
„Zum Kuckuck mit dem Bengel! Werd ich's denn nie lernen? Hat er mir nicht genug solche Streiche gespielt, .......“

Einbandgestaltung Elisabeth Shaw/ Heinz Hellmis
Deutsch von Lore Krüger

Titel der amerikanischen Originalausgaben:
The Adventures of Tom Sawyer; The Adventures of Huckleberry Finn


Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1984

 

1984 erchienen im Aufbau-Verlag
weitere Titel von  Mark Twain
in gleicher Aufmachung.

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