05 Februar 2025

Jiri Salamoun: Das große pythagoreische Eisenbahnunglück – Eine ununterbrochene Kausalgesetzgeschichte mit leicht krimineller Tendenz in Bildern

ANSTATT EINER VORREDE*
Die Probleme, die im vorliegenden Buch dem hoffentlich wohlgeneigten Leser in vielen Bildern und allerlei Worten präsentiert werden, sind weiß Gott weder neu noch unbekannt.
Seit der Morgenröte der Menschheit wurden die grundlegenden Fragen von den besten Köpfen der Geschichte aller Völker unzählige Male aufgeworfen und mit unterschiedlichen Ergebnissen beantwortet. Die hier nun in 67, dem Leben entnommenen Bildern dargestellte Geschichte ereifert sich nicht und stellt sich auch nicht zum Ziel, vielleicht beim Lösen des Problems an sich – auf welche Weise auch immer – behilflich sein zu können oder es in einem ganz neuen Lichte erscheinen zu lassen. Vielmehr handelt es sich um einen bescheidenen Versuch, das bisher meist in Buchform nur literarisch verarbeitete Problem einmal vornehmlich bildlich zu betrachten und so auch denjenigen Mitgliedern der großen Menschheitsfamilie näherzubringen, die vor allem am Bildhaften und weniger am abstrakten Denken interessiert sind. Sollte diese Aufgabe nicht allzu langweilig erfüllt worden sein, so ist der Zweck dieses kleinen Büchleins völlig erreicht.
Es erübrigt sich gewißlich, extra zu betonen, daß es die Frucht jahrzehntelanger Erfahrung, manch bitterer Stunde und durchwachter Nacht ist. Man kann das, hoffe ich, bereits beim bloßen Durchblättern leicht erkennen. Der Verfasser
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* Der Widerspruch eines solchen Titels spiegelt im Grunde genommen das Paradox der Zwiespältigkeit des vorliegenden Buches und manches großen Autors (im gewissen Sinne jeglicher Literaturtätigkeit) wider: einerseits eine Vorrede oder sogar ein Buch schreiben zu wollen und andererseits das unangenehme Gefühl der völligen Oberflüssigkeit loswerden zu können. Doch der Widerstand gegenüber diesem zweifelhaften Verlangen birgt für den Verfasser das Risiko in sich, durch gewaltsame Unterdrückung des kategorischen Imperativs im Künstler einen geistigen Schaden, eine seelische Narbe das ganze, dann bestimmt nicht mehr lange Leben über mit sich herum schleppen zu müssen.

Inhalt:
Anstatt einer Vorrede .. .. .. S. 4
Erster Teil Das kausale Unglück
1. Die verborgene Fortsetzung des sowieso Vergangenen
    als der scheinbare Anfang des ohnehin Momentmentanen .. .. .. S. 5-12 .. .. Abb. 1-9
2. Über die praktische Unmöglichkeit einer anderen Verhaltensweise
    bei wirklich unvermeidbarem Pech .. .. .. S. 13-18 .. .. Abb. 10-13
3. Das Phänomen der Gewalt und die Inflation des Unglücks .. .. .. S. 19-23 .. .. Abb. 14-16
4. Die erotische Erfahrung als Teil einer geistigen Haltung der Frau .. .. .. S.24-26 .. .. Abb. 17-19
5. Das Problem des Engagements für eine rein literarische Figur
    unter wirklichkeitsnahen Verhältnissen .. .. .. S.27-33 .. .. Abb.20-24
6. Die Wahrscheinlichkeit des unglücklichen Zufalls als immanente
    Eigenschaft jeder Tätigkeit .. .. .. S.34-39 .. .. Abb. 25-27
7. Das Paradox der Allgegenwart des komischen Elements in jeglicher
    tragischen Situation als das persönliche Problem der ernsten Naturen. .. .. .. S.40-47 .. .. Abb.28-35
8. Die Verlassenheit einer der Lebensschablone nicht anpassungsfähigen
    Figur infolge ihrer seelenlosen Funktion innerhalb eines Mechanismus .. .. .. S.48-55 .. .. Abb.36-39
9. Das tatsächliche pythagoreische Eisenbahnunglück .. .. .. S.56-65 .. .. Abb.40-45
10. Das unaufhaltsame Scheitern eines eingefahrenen Denk- und
      Malprozesses als Übergang zum neuen Anfang .. .. .. S.66-67 .. .. Abb.46
Zweiter Teil Die zufälligen Folgen
11. Die scheinbare Diskontinuität als die typische Eigenschaft einer
      zuerst verborgenen logischen Fortsetzung .. .. .. S.68-71 .. .. Abb.47-49
12. Eine auf die Dauer unerträgliche Existenz als Halb-Mensch und
      Halb-Tier gleichzeitig .. .. .. S.72-76 .. .. Abb.50-52
13. Die unangenehme Tendenz der verwirrenden Wirklichkeit, sich
      auf eine ärgerliche Weise einer definitiven Beurteilung zu
      entziehen (Fortsetzung folgt) .. .. .. S.77-80 .. .. Abb.53-56
14. Fortsetzung: Die unangenehme Tendenz der verwirrenden
      Wirklichkeit, sich auf eine ärgerliche Weise einer definitiven
      Beurteilung zu entziehen .. .. .. S.81-86 .. .. Abb.57-60
15. Der Schnittpunkt der Kausalität und des Zufalls als der Augenblick
      einer außerrationalen Erkenntnis .. .. .. S.87-89 .. .. Abb.61-62
16. Apologie einer theoretischen Möglichkeit der Anwesenheit geheimer
      Gesetze hinter den Ungereimtheiten einer literarischen Andekdote .. .. .. S.90-94 .. .. Abb.63-66
17. Der zweite scheinbare Schluß: Die neue Aktualität einer universellen
      Einheit und das kosmologische Problem .. .. .. S.95 .. .. Abb.67

Konzeption, Zeichnungen und Text: Jiří Šalamoun
 
Eulenspiegel-Verlag, Berlin
1. Auflage 1983  

04 Februar 2025

Klaus Herrmann: Die guten Jahre | Band 1 u. 2

Buchanfang Band 1:
Seitdem Alfred Busch das Haus am Fischmarkt gekauft hatte, zogen die Guttauer Bürger den Hut vor ihm. Er nahm diese Huldigung so selbstverständlich entgegen, als ob er von Kindesbeinen an auf sie Anspruch hätte. Wenn er am Sonntag nach der Kirche mit Frau und Kindern über den Marktplatz ging, am Rathaus und an der Stadtmühle vorbei, und auf dem Umweg über die Neustadt durch das Werdertor heimkehrte, hielt er den Kalabreser in der linken Hand und erwiderte jeden Gruß, indem er den Kopf ein wenig neigte, wobei sein schwarzer Vollbart sich sanft auf die seidenen Aufschläge seines Mantels legte. An der rechten Hand führte er seinen Sohn Leo, einen blassen, überschlanken Knaben, der schüchtern die Augen zu Boden schlug. Frau Wilhelmine Busch, eine kleine, zarte Frau, folgte ihm in einigem Abstand. Sie rückte von Zeit zu Zeit ihr Kaschmirtuch zurecht, das von ihren Schultern herabzugleiten drohte, während sie halblaut ihre drei Töchter, die Hand in Hand vor ihr hergingen, ermahnte, die entgegenkommenden Bekannten zuerst zu grüßen. Aber Meta, Trude und Anna wußten ebensogut wie ihr Vater, was sie wert waren und daß die Guttauer den Hut ziehen mußten, wenn sie von ihnen beachtet werden wollten. Nur der Bürgermeister Kühnast und der Superintendent Schwarzschulz wurden von Herrn Busch zuerst gegrüßt.
Das Haus am Fischmarkt, auf dem übrigens schon seit Jahren keine Fische mehr verkauft wurden, hatte Herrn Jankowsky gehört, einem Tuchfabrikanten, der im Frühjahr Bankrott gemacht hatte. Alfred Busch ließ es vom Keller bis zum Boden renovieren; gegen Ende des Sommers wollte er es beziehen. Bis dahin blieb er mit seiner Familie in der Beletage am Zindelplatz, die er seit beinahe einem Jahrzehnt bewohnte, seitdem das väterliche Häuschen an der Werdermauer zu eng geworden war.
Die Guttauer erzählten Wunderdinge von dem Umbau und der neuen Einrichtung des Hauses am Fischmarkt. Die kleine Treppe, die zu der eichenen Eingangstür hinaufführte, war zu beiden Seiten mit einem schmiedeeisernen Geländer versehen worden; eigentlich war das Geländer überflüssig, aber es verlieh ebenso wie der neue, gelblich getönte Verputz dem alten Patrizierhaus ein modernes, reicheres Aussehen. Von den Veränderungen im Innern hatte der Baumeister Hohmann, dem sie übertragen waren, am Stammtisch im „Schwarzen Bären“ nur wenig verraten. Immerhin erfuhr man, daß eine Wand zwischen zwei Vorderzimmern beseitigt werden sollte, um einen weitläufigen Speisesaal zu gewinnen; auch würde die Treppe zum ersten Stockwerk an Stelle des alten hölzernen Geländers ein neues, ebenfalls schmiedeeisernes erhalten. Über die Details der Wohnungseinrichtung schwieg Herr Hohmann, doch die Phantasie seiner Zuhörer malte sie um so glänzender aus. Schon am nächsten Tag wurde von Ledertapeten im Speisesaal, einer seidenen Wandbespannung im Salon und der wahrhaft verschwenderischen Verwendung von Marmor im Vestibül erzählt. Die Guttauer glaubten diese Gerüchte unbesehen, denn sie waren sich darüber einig, daß man von Alfred Busch nicht den guten Geschmack und die selbstverständliche Unauffälligkeit ererbten Wohlstands erwarten durfte. Die Tuchfabrik A. Busch bestand erst seit wenigen Jahren, aber sie hatte bereits alle einheimischen Unternehmungen außer der Firma C. W. Ehrmanns Wwe. überflügelt.
Bernhard Ehrmann war deshalb auch der einzige Guttauer Fabrikant, der nicht daran dachte, Alfred Busch zu grüßen. Er ließ sich nicht von dem neuerworbenen Reichtum imponieren. Schon sein Vater und sein Großvater waren Ratsherren der Stadt Guttau gewesen. Sein Vater hatte dem jungen Alfred Busch, der bei ihm um eine Anstellung nachsuchte, die Tür gewiesen; für Aufrührer und Abenteurer sei in seinem Hause kein Platz, hatte er ihm gesagt. Alfred Busch hatte schweigend das Kontor verlassen, doch die Demütigung blieb unvergessen; er beachtete den Sohn seines Feindes ebensowenig wie dieser ihn.

Buchanfang Band 2:
Erstes Kapitel Plarre geht um
Bald nach dem Tode des Sanitätsrats hatte Trude Pahl entdeckt, daß ihre Ehe mit ihm glücklich gewesen war. Seitdem lebte er in ihrer Erinnerung als ein gutaussehender älterer Herr fort, dessen Beziehungen zu anderen Frauen sich auf unverbindliche gesellschaftliche Liebenswürdigkeiten beschränkt hatten. Wenn sie von ihm sprach, traten ihr die Tränen in die Augen.
„Er könnte heute noch leben“, sagte sie zu Anna, „aber er ist immer leichtsinnig gewesen, er nahm sich niemals in acht.“
Der Sanitätsrat war zwei Monate nach Kriegsende an Leichenvergiftung gestorben. Obwohl das Trauerjahr vorüber war, ging die Witwe noch schwarz gekleidet; sie könne sich mit dem Verlust nicht abfinden, behauptete sie. Auch vernachlässigte sie seitdem ihr Äußeres. Das grauweiße Haar, das sie nur selten wusch, hing ihr in die Stirn, die Vorderseite ihres schwarzen Kleides war mit Fettflecken übersät, ihre Schuhe waren ausgetreten, die Absätze schief; ihre Augen tränten, beim Sprechen lief ihr der Speichel aus den Mundwinkeln über das Kinn. Aber ihre dunklen Augen blickten glänzend und feindlich in eine Welt, über deren Feindseligkeit sie sich keinen Illusionen hingab.
„Meine Kinder haben mir nicht einmal zu meinem siebzigsten Geburtstag gratuliert“, berichtete sie ihrer Schwester. „Ich habe es nicht anders erwartet. Meine Kinder kümmern sich nie um mich.“
Jedesmal wenn sie von ihren Kindern sprach, stellte sie Betrachtungen darüber an, wieviel dem Sohn seine Praxis in Frankfurt einbrachte. Übrigens ging es der Tochter in Görlitz noch besser, ihr Mann hatte trotz der schlechten Zeiten sein Speditionsgeschäft vergrößert und seinem Sohn zum Geburtstag ein eigenes Auto geschenkt. Aber Trude hielt sich nicht lange mit Klagen auf.
„Ich habe meine beiden Kinder verflucht!“ erklärte sie leidenschaftlich. „Meine Flüche haben Macht, sie werden erhört! Weißt du noch, Anna, wie ich Meta verflucht habe, als sie es ablehnte, sich an den Kosten für Brunos Beerdigung zu beteiligen? Ihr Nierenleiden hat sie nicht unter die Erde gebracht, aber eine lumpige Lungenentzündung! Genau einen Monat hat sie meinen Fluch überlebt, und ihr Enkelsohn ist so schwächlich und blutarm, daß er ihr bald folgen wird! Auch den Lehrer mit seiner ordinären Frau und seinen drei Gören, die sie mir in die Wohnung gesetzt haben, werde ich verfluchen! Ich kann dir nur sagen, wer es mit sich selber gut meint, der stellt sich gut mit mir!“
Ihre Stimme klang triumphierend, ihr Gesicht zuckte nervös. Draußen in der Halle wurde eine Tür geschlossen. Anna hob lauschend den Kopf, aber es war wohl nur das Dienstmädchen, das hinaufging, um die Betten zu machen; sie hatte gehofft, daß es Christian wäre.
„Ich glaube gern, daß du es nicht leicht hast, Trude“, sagte sie und schenkte der Schwester Kaffee ein.
Trude nahm ein Stück Kuchen und begann gierig zu essen.

Inhalt:
BAND 1
    PROLOG
    DER TOD IST NICHT EINGEZOGEN (1864) .. .. .. 5
    DER ERBE (1874-1876)
        Erstes Kapitel: Die Verfluchung .. .. .. 51
        Zweites Kapitel: In der Höhle des Löwen .. .. .. 135
        Drittes Kapitel: Nothing succeeds like success .. .. .. 225
    DIE BRÜDER (1914)
        Erstes Kapitel: Amor aus Bronze .. .. .. 285
        Zweites Kapitel: Der lächelnde Leichnam .. .. .. 378
BAND 2
    DIE MÖRDER (1920)
        Erstes Kapitel: Plarre geht um .. .. .. 7
        Zweites Kapitel: Auf der falschen Spur .. .. .. 50
        Drittes Kapitel: Der Täter darf nicht der Täter sein .. .. .. 91
        Viertes Kapitel: Ein Opfer der Gerechtigkeit .. .. .. 157
    EPILOG
    DIE GUTEN JAHRE ZÄHLEN NICHT (1934) .. .. .. 199

    ANHANG
        Anmerkungen .. .. .. 241
        Zeittafel .. .. .. 249

Verlag der Nation, Berlin
1. Auflage 1966 [1.-15. Tsd.]
2. Auflage 1967 [16.-35. Tsd.]
3. Auflage 1969 [36.-45. Tsd.]
4. Auflage 1972
5. Auflage 1977 
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Klaus Herrmann: Die guten Jahre
(in einem Band)
Volksverlag, Weimar*
1. Auflage 1963

*Anmerkung zum Verlag:
Der Thüringer Volksverlag – später Volksverlag Weimar – war ein Verlag in der DDR und wurde am 13. Juli 1945 gegründet und 1964 in den Aufbau-Verlag überführt.

03 Februar 2025

akzent -Die Reihe


Die akzent-Reihe war eine Buchreihe der DDR aus dem Urania Verlag Leipzig.
In dieser Reihe erschienen von 1973 bis 1990 wissenschaftlich orientierte, broschierte Taschenbücher mit farbigen Illustrationen zu je 128 Seiten.
Der Einband ist weiß mit rundem Titelbild und durch einen symbolisierten Kleinbuchstaben a, um das Wort akzent herum, gekennzeichnet.
Buchformat: 11 x 18 cm
Preis: 4,80 M

Die komplette „akzent-Reihe“
Band 1-30

Band 31-60

Band 61-90

Liste



 


02 Februar 2025

Erika Buchmann: Die Frauen von Ravensbrück

VORWORT
Dort, wo sich das größte deutsche faschistische Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück befand, erhebt sich heute, dank der Initiative der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der großzügigen Spenden der Bevölkerung der DDR, eine würdige Mahn- und Gedenkstätte. Im ehemaligen Arrestbau des Lagers wurde ein Museum eingerichtet, das von den unsagbaren Leiden der 132 000 Frauen und Kinder aus 23 europäischen Nationen zeugt, die von den faschistischen Massenmördern hierher verschleppt und von denen 92 000 vernichtet wurden. Dieses Museum berichtet gleichzeitig von dem heldenhaften Kampf der mutigen Frauen, die als Gefangene des „Dritten Reiches“ hier im KZ ihren Kampf gegen Krieg und Faschismus fortsetzten. Von ihnen sagt die große deutsche Schriftstellerin Anna Seghers:


           „Sie sind unser aller Mütter und Schwestern. Ihr könntet heute
           weder frei lernen noch spielen, ja, ihr wäret vielleicht gar nicht
           geboren, wenn solche Frauen nicht ihre zarten, schmächtigen
           Körper wie stählerne Schutzschilde durch die ganze Zeit des
          faschistischen Terrors vor euch und eure Zukunft gestellt, hätten.“

Auch der vorliegende Bericht über das ehemalige „FKL Ravensbrück“ dient dem Gedenken und der Mahnung. Er entspricht in seiner Kapitelfolge dem, was im Museum Ravensbrück gezeigt wird.
Es ist die erste größere Arbeit, die über dieses faschistische Frauen-Konzentrationslager berichtet. Sie entstand aus den Erinnerungen der überlebenden Häftlinge und aus vielen Berichten und Prozeßakten. Dieses Material wurde von Erika Buchmann, die selbst jahrelang Häftling in Ravensbrück war, zusammengetragen, bearbeitet und zu dieser Broschüre zusammengestellt. Sie kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben; die Forschung wird fortgesetzt.
Der Bericht stellt die Erfüllung eines Versprechens dar, das die überlebenden ehemaligen Häftlinge ihren toten Kameradinnen gegeben haben: von ihren Leiden, ihrem Tod und ihrem Kampf zu erzählen, damit Krieg und Faschismus nie wieder erstehen können.
Die Generation, die das faschistische Mord- und Terrorsystem miterlebt hat, darf nicht vergessen. Die junge Nachkriegsgeneration muß den Faschismus kennenlernen, um ihn als den Feind der Menschheit, als den Verderber ihrer eigenen glücklichen Zukunft hassen zu lernen. Die Toten von Ravensbrück mahnen:
Nie wieder ein Ravensbrück, Buchenwald und Sachsenhausen! Für immer Schluß mit dem deutschen Militarismus und der faschistischen Reaktion, die sich in Westdeutschland wieder restauriert!
Freundschaft zwischen den Völkern!
Frieden der Menschheit, damit das Glück der Völker erblühe!

Buchanfang:
DER WEG ZU FASCHISMUS UND KRIEG
Kriege werden von Menschen gemacht, die sich von Ihnen auf Kosten des eigenen Volkes und fremder Völker noch mehr Reichtum, noch mehr Macht versprechen. Jede verschossene Granate, jeder Gefallene vermehren ihren Profit.
Josef Goebbels, der gerissene Propagandist des „Dritten Reiches“, sagte einmal: „Wir wollen uns am Getreide der Ukraine und am Öl von Baku gesundstoßen.“
Damit offenbarte er die Ziele der am ersten und am zweiten Weltkrieg Schuldigen, der Rüstungsindustriellen, der Herren der Banken und der großen Güter. Sie und die mit ihnen versippten Generale brachten im Krieg 1914 bis 1918 Millionen Menschen ihrem rücksichtslosen Verlangen zum Opfer, im Osten Deutschlands die Ukraine, im Westen die französischen Kohlen- und Erzlager zu erobern.
Die Mehrzahl der deutschen Menschen, besonders die Werktätigen, wollten keinen Krieg. Sie wußten aus Erfahrung, daß jeder Krieg auf Kosten des Volkes geführt wird. Sie kämpften für den Frieden. Aber ihre Anstrengungen blieben erfolglos, weil sie untereinander nicht einig waren. Die Führung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands stellte sich auf die Seite des Kaisers und seiner eroberungssüchtigen Generale und ermöglichte so den ersten Weltkrieg.
Die Arbeiter im Soldatenrock und in den Rüstungsbetrieben, nicht zuletzt die Arbeiterfrauen, setzten in Demonstrationen und Massenstreiks ihren Kampf unter der Führung Karl Liebknechts, Rosa Luxemburgs, Clara Zetkins, Wilhelm Piecks und anderer ........

Inhalt:
VORWORT .. .. .. 5
DER WEG ZU FASCHISMUS UND KRIEG .. .. .. 7
DIE ENTSTEHUNG DES FRAUENKONZENTRATIONSLAGERS RAVENSBRÜCK .. .. .. 10
DIE SS DIE MASSENMÖRDER VON RAVENS- BRÜCK .. .. .. 12
DIE SS-AUFSEHERINNEN .. .. .. 15
EIN SYSTEM GRAUSAMER STRAFEN .. .. .. 18
DIE HÄFTLINGE .. .. .. 23
KINDER HINTER DEM STACHELDRAHT .. .. .. 33
KATASTROPHALE VERHÄLTNISSE .. .. .. 39
40 cm PRO HÄFTLING GENÜGEN .. .. .. 42
DAS ZELT .. .. .. 44
DIE KLEIDUNG .. .. .. 46
HUNGER .. .. .. 48
ARBEIT ΕΙΝ ΜΙΤΤEL ZUR VERNICHTUNG .. .. .. 51
DIE BETRIEBE DER SS .. .. .. 53
HÄFTLINGE ALS RÜSTUNGSSKLAVEN .. .. .. 58
KRANKENREVIER IN RAVENSBRÜCK .. .. .. 69
TUBERKULÖSE SIND ABZUSCHREIBEN .. .. .. 71
DAS „IDIOTENSTÜBCHEN“ .. .. .. 73
MENSCHEN ALS VERSUCHSTIERE .. .. .. 74
TAUSEND STERILISIERUNGEN TÄGLICH .. .. .. 77
VERNICHTUNG VON SCHWANGEREN UND SÄUGLINGEN .. .. .. 79
TYPHUS-EPIDEMIE .. .. .. 81
SS-ÄRZTE ALS LEICHENFLEDDERER .. .. .. 83
MÄDCHENHÄNDLER IN SS-UNIFORM .. .. .. 85
TÖDLICHE INJEKTIONEN .. .. .. 86
TÖTUNG DURCH GIFT .. .. .. 87
SS-ÄRZTE HELFEN BEI MASSENERSCHIESSUNGEN .. .. .. 89
TRANSPORT IN DIE VERGASUNG .. .. .. 95
TRANSPORTE IN DIE GASKAMMERN VON AUSCHWITZ UND LUBLIN .. .. .. 101
MASSENMORD DURCH VERGASUNG IN RAVENSBRÜCK .. .. .. 103
INTERNATIONALE SOLIDARITÄT UND ANTIFASCHISTISCHER WIDERSTAND
IN RAVENSBRÜCK .. .. .. 120
DIE NATIONALEN WIDERSTANDSGRUPPEN .. .. .. 122
RETTET DIE KINDER! .. .. .. 134
SIE GABEN MIR DIE KRAFT ZUM LEBEN .. .. .. 137
KAMPF DER VERNICHTUNG .. .. .. 141
SABOTAGE IN DER RÜSTUNGSPRODUKTION .. .. .. 145
DIE BEFREIUNG RAVENSBRÜCKS .. .. .. 150
MAHN- UND GEDENKSTÄTTE RAVENSBRÜCK .. .. .. 154
GELÖBNIS .. .. .. 160
SCHLUSSWORT .. .. .. 161
MAHNRUF DER TOTEN FRAUEN VON RAVENSBRÜCK .. .. .. 165

Herausgegeben vom Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer in der Deutschen Demokratischen Republik
Zusammengestellt und bearbeitet von Erika Buchmann
Umschlagentwurf: Helmut Krebs

Kongreß-Verlag, Berlin
1. Auflage 1959 [1.-20. Tsd.]
2. Auflage 19?? [21.-30. Tsd.]
3. Auflage 1960 [31.-57. Tsd.]
4. Auflage 1961 [58.-77. Tsd.]

John Stave: Quietschvergnügt durch alle Kurven – Geschichte der Straßenbahn

Vorwort
Heutzutage steigen die Leute, nachdem sie sich überzeugt haben, daß es die richtige Linie ist, in die Straßenbahn ein, und fertig. Sie lesen oder dösen ein bißchen, und die wenigsten Fahrgäste machen sich Gedanken darüber, warum, weshalb, wieso, seit wann und wie lange noch Straßenbahnen in den Städten fahren. Sie bezahlen ihr Fahrgeld, und alles andere ist Sache der Straßenbahn oder der Straßenbahner. Es gibt sogar Leute, die nicht mal bezahlen!
Aber die Straßenbahn ist eine ganz interessante Angelegenheit, und wer dieses Büchlein hier bis zum Ende gelesen hat, der ist fein raus. Genau wie Michael Deichmann, dessen ganze Familie mit diesem Verkehrsmittel eng verbunden ist. Schon sein Ururopa hatte mit der Straßenbahn zu tun, die seinerzeit allerdings noch etwas anders aussah als die heutigen Tatra-Straßenbahnen aus Prag. Michaels Uropa war bei der Straßenbahn, Michaels Opa ebenfalls, und Michaels Vater arbeitet für die Straßenbahn. Die Mutter nicht, aber sie hat Michael eingeschärft, pünktlich mit der Bahn vom Fußballtraining nach Hause zu kommen.
Also, wie gesagt: Wenn einer ein bißchen besser über die Straßenbahn Bescheid weiß und dann erlebt, wie die anderen Fahrgäste lesen oder dösen, ist er ihnen haushoch überlegen. „Wenn die wüßten, was ich weiß“, sagt er glücklich, schließt die Augen und fährt versehentlich ein paar Haltestellen zu weit. Genau wie Michael Deichmann. Pech im Glück nennt man das wohl. Am Schluß des Buches weiß jeder genau, was es nun eigentlich war.
John Stave

Buchanfang:
Wie der Stadtverkehr entstand
Wollte man in früheren Zeiten reisen, so kam man nicht leicht von einer Stadt zur anderen. Zuerst wurden überhaupt nur Briefe oder Nachrichten transportiert.
Das besorgten Boten zu Fuß oder zu Pferde. Später, im Mittelalter, ratterten Postkutschen über die holprigen Landstraßen und nahmen auch Leute mit, meist Händler oder Beamte.
Natürlich mußten die Pferde unterwegs gewechselt werden. Das geschah in Ausspannungen oder Poststationen. Da gab es auch Erfrischungen für die Reisenden, denn so eine Postkutsche war oft mehrere Tage unterwegs.
Und in den Städten? Was war dort los? Fuhr dort schon eine Straßenbahn?
Bevor man an die Straßenbahn überhaupt nur denken konnte, mußten erst einmal die Städte wachsen. In Neubrandenburg zum Beispiel, auch in Bernau und in vielen anderen Städten, kann man noch heute die mittelalterlichen Befestigungsanlagen erkennen. Man läuft von einem Stadttor zum anderen höchstens 15 Minuten. Und Berlin war damals nicht größer als ein Dorf, etwa so groß wie heute Kümmernitz, Klein Bademeusel, Siegrothsbruch oder gar Kaltwasser. Es war also überhaupt nicht notwendig, in irgendeiner Stadt, ob Berlin, Dresden, Leipzig oder anderswo, Straßenbahnen ihre Runden drehen zu lassen. Erst als das technische Zeitalter begann .........

Illustrationen von Jens Prockat
Für Leser von 7 Jahren an
   
Verlag Junge Welt, Berlin
1. Auflage 1982
2. Auflage 1986
3. Auflage 1989

01 Februar 2025

Hanns Krause: Die roten Hähne vom Stechlin

Buchanfang:
Lebewohl mein Zimmer..
Alle Jahre wieder
Lebewohl, mein Zimmer, in einem halben Jahr gehörst du mir wieder, dachte der Junge bei sich, nachdem er aus dem dunkelbraungebeizten Kiefernholzschrank den letzten Krimskrams geräumt und die Bücher vom Wandbrett genommen hatte. Nun galt es noch die Kinoplakate zu entfernen, mit denen die Wände bunt bepflastert waren, dann hatte er es geschafft. Vorsichtig löste er die Reißnägel und rollte die Plakate Stück für Stück zusammen. Sie durften nicht dranbleiben, mußten jenen beiden Bildern weichen, die für die nächsten .......

Illustrationen und Umschlagentwurf von Dagmar Schwintowsky
Für Leser von 9 Jahren an

Gebrüder Knabe Verlag, Weimar
Reihe:
Knabes Jugendbücherei
1. Auflage 1978
2. Auflage 1980 

Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Klappentext:
In diesen fiktiven Aufzeichnungen, die in tagebuchartiger Folge von Erinnerungen, Impressionen, philosophischen und ästhetischen Reflexionen den Lebensweg eines jungen dänischen Dichters zum Tode darstellen, spielt Autobiographisches eine große Rolle. Doch Malte ist nicht Rilke, sondern sechs Jahre lang ein Medium zur Selbstverständigung über das klassische Thema der Einheit von Kunst und Leben. Dieser Entwicklungsroman – ›Ergebnis des in Gefahr gewesen Seins‹ (Rilke) ist in seiner Gesamtproblematik ein beziehungsreiches und minutiöses poetisches Dokument der zerstörerischen Entfremdung des Menschen in der spätbürgerlichen Welt voll Maskenhaftigkeit und Preisgegebenheit.
Den biographischen und werkgeschichtlichen Gehalt wie die im Künstlerisch-Existentiellen wurzelnden Plagen und Nöte des Dichters erhellen der Essay ›Der Einsame und seine Welt‹ wie die Briefauswahl im Anhang dieses Bandes.

Inhalt:
Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge .. .. .. 5
Dieter Schiller: Der Einsame und seine Welt .. .. .. 213
Anhang
Aus dem Nachlaß .. .. .. 256
     >Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge< .. .. .. 256
           (Erste Fassung des Eingangs) .. .. .. 256
            (Zweite Fassung des Eingangs) .. .. .. 257
            (Ursprünglicher Schluß der Aufzeichnungen: Tolstoi) .. .. .. 270
            (Fragment von den Einsamen) .. .. .. 281
Briefauszüge .. .. .. 288
Quellenverzeichnis .. .. .. 354

Gesamtgestaltung: Dieter Weise

Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig
Reihe:
Sammlung Dieterich Nr. 188
1. Auflage 1984
2. Auflage 1990
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Rainer Maria Rilke
Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

[Mit einem Nachwort von Rainer Kirsch]

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig
Reihe:
Reclams Universal-Bibliothek ; Bd. 952 : Belletristik
1. Auflage 1982
2. Auflage 1989 
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Rainer Maria Rilke
Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Mit Selbstdeutungen des Autors,
einem Nachwort von Horst Nalewski u.
13 Federzeichn. von Johanna Bartl
Gestalter: Walter Schiller

Buchverlag Der Morgen, Berlin
1. Auflage 1988