Hjalmar Söderberg (1869-1941) war einer der wenigen schwedischen Schriftsteller von Rang, die um die Jahrhundertwende die von Strindberg begonnene realistische Art der Gesellschaftsschilderung fortsetzten. Als einen "winzigen, aber hellen Strahl" in jener Zeit charakterisierte er selbst sein Werk in späten Jahren.
Wahrhaftigkeit in der Darstellung und ein klarer Ausdruck galten Söderberg als wichtigste Kriterien seines Schaffens. Schon im ersten Roman "Förvillelser" (1895) hatte er seinen Stil gefunden; die Maske des "Flaneurs" war angelegt, er begann seine eigenwilligen Attacken gegen bürgerliche Moral und Lebensart, die meist heftige Debatten auslösten und die Schmährufe der konservativen schwedischen Literaturkritik heraufbeschworen. Auch das in Tagebuchform angelegte Bekenntnisbuch "Doktor Glas" (1905) wurde von den Zeitgenossen verrissen: die Beschreibung des präzis geplanten Mordes an einem Geistlichen betrachtete man als gesellschaftlichen Eklat, wenn der Autor seinen Helden auch konsequent scheitern ließ und sich damit von dessen Tat distanzierte. Trotz vernichtender Kritiken überdauerte der Roman und gilt heute als das bedeutendste Werk Söderbergs.
Reclams Universal-Bibliothek Band 1214, 1. Auflage 1987
Aus dem Schwedischen von Helga Thiele