30 April 2021

Karl Mundstock: Gespenster-Edes Tod und Auferstehung


 Noch sind Zeitreisen Science fiction, obwohl wir längst ein Transportmittel besitzen, uns in Vergangenheit oder Zukunft zu versetzen: die Literatur. Zwei Bücher sind dafür in doppelter Weise exemplarisch. Karl Mundstock, Jahrgang 1915, hat sie 1958 und 1962 veröffentlicht. Sie fanden jede Menge Leser in einem Land, das historisches Erbe annahm und auch verwarf.

Mundstock griff mit der Grundlage eigener Biografie auf die frühen 20er Jahre zurück, auf proletarisches Milieu, auf die Suche von Kindern, aus Welterfahrung Weltveränderung zu machen. Einen »Berliner Jungenroman« nannte er »Ali und die Bande vom Lauseplatz«, dem er als Fortsetzung »Gespenster-Edes Tod und Auferstehung« nachschickte. Ein willkommenes Erbe, denn die Erfüllung der Träume von einst schien sich in den drei Buchstaben DDR auszudrücken. Nun wäre Mundstock nicht der, der er ist, wenn er Geschichten aus der Geschichte bierernst eifernd erzählt hätte. Er ist von heiterem Gemüt, ein Humorist mit satirischen Neigungen, ein Unangepasster, ein Filou, ein Poet und hinreißender (wörtlich zu nehmen) Erzähler dazu. Er führt zurück in den Berliner Kiez rund um die Kiefholzstraße und zeigt eingangs seinen Helden Ali auf dem Weg zur Bonbon-Witwe, um sich für einige Milliarden Süßigkeiten zu beschaffen. Aha, sagen die Älteren, 1923, Inflation. Die heute Jungen haben von solchen Verhältnissen bestenfalls aus Schulbüchern erfahren. Doch bei Mundstock wird wie nebenbei das selbstverständliche Leben, der Umgang mit Alltag, der später Geschichte wird, anschaulich und vielleicht sogar lehrreich. Ali erlebt die Einführung des Gummiknüppels bei der Berliner Polizei, Import aus Amerika, er mischt mit im Klassenkampf, zu dem unbedingt eine Wanderausrüstung gehört, er wird zum Beschützer der kleinen Sophie und hat’s mit der großen Politik. (…)

Da ist eine Spur Kästner und sogar eine Prise Ludwig Thoma, weil mit proletarischer Sturheit und Schlitzohrigkeit. So, wie die Welt ist, so soll sie nicht bleiben. (…) – Von Klaus-Dieter Schönewerk


Verlag Neues Leben, Berlin, 6. Auflage, 1977 (1. Auflage 1962)
Illustrationen von Hans Mau.

Benno Pludra: Die Jungen von Zelt 13

Die Erzählung spielt in den Anfangsjahren der DDR in einem Zeltlager für Junge Pioniere. Der Ich-Erzähler gehört der Zeltgruppe dreizehn an. Diese Zeltgruppe ist eine reine Jungengruppe. Die Jungen sind respektlos, eigenwillig und unverschämt und haben durch ihr Verhalten den ehemaligen Gruppenleiter Max vergrault, da dieser mit seinen autoritären Führungsmethoden nicht mit ihnen klargekommen ist. Als Max von Helga abgelöst wird, ist die Verwunderung über eine weibliche Führungsperson groß. Einige der Jungen hoffen, dass Helga es schafft sie zu „ordentlichen“ Pionieren zu erziehen. Sie hoffen, dass Gerechtigkeit in der Gruppe geschaffen wird, da bislang das Gesetz des Stärkeren galt. Von Helga erwarten sie ein radikaler autoritäres Verhalten als Max es an den Tag gelegt hat. Helga entpuppt sich aber gerade als das Gegenmodell zu Max, und als sie zu Beginn ihres Aufenthaltes nur beobachtet und nicht eingreift, ist die Enttäuschung groß. Nur in wirklich gefährlichen Situationen greift sie ein, um Unfälle zu vermeiden. Nach und nach fangen die Jungen allerdings an, Helga zu respektieren.

Eine zentrale Episode des Romans zeigt die Wandlung der Pioniere sehr deutlich. Anlässlich eines Kulturprogramms tritt jede Zeltgruppe auf der Bühne auf. Da es die Gruppe dreizehn aufgrund einiger Streitigkeiten nicht geschafft hat, einen Auftritt zu proben, geht Erwin, einer der Jungen, alleine auf die Bühne und trägt stotternd ein Gedicht vor, das außerdem zuvor von einer anderen Zeltgruppe bereits weitaus besser präsentiert worden ist. Der Auftritt ist eine Blamage.

Bei der Abschlussfeier des Zeltlagers bietet sich die Möglichkeit erneut aufzutreten. Auf den Vorschlag von Helga tritt die Gruppe mit einem Theaterstück auf, in dem sie sich selbst zu Beginn des Zeltlagers spielt. Somit hat Helga ihr Ziel, die Jungen zu ordentlichen Pionieren zu erziehen, erreicht. Der Auftritt ist ein voller Erfolg, der erzielt wird, weil die Jungen sich mit Helga auf einen Entwicklungsprozess eingelassen haben, den sie am Ende in dem Theaterstück reflektieren.

Eine zweite Reflexionsebene stellt die Form des Tagebuchromans dar, in der ein Gruppenmitglied selbstkritisch den Entwicklungsprozess spiegelt. Pludras Roman knüpft damit an die Form der Brigade-Tagebücher an, die eine bedeutende Rolle in der DDR-Kulturpolitik spielen. (wikipedia)

Der Kinderbuchverlag, Berlin, 6. Auflage, 1956 (1. Auflage 1952)
Illustrationen von Paul Rosié.

 

Werner Liersch: Hans Fallada – Sein großes kleines Leben


 Am 21. Juli 1893 früh, 8.00 Uhr, wurde in Greifswald Rudolf Ditzen geboren, der sich Hans Fallada nannte. Es ist ein Name aus der Welt der Märchen. Er erinnert an Hans im Glück, der alles verlieren mußte, um sich zu finden und das Pferd Falada, das nicht schweigen konnte. Rudolf Ditzen war Hans im Glück und der geschundene Falada. Ein großer Erzähler und ein Bürger, dem der Abschied von der Herkunft viel kostete. Sein Leben wurde Gegenstand der Auseinandersetzung, der Legende und des kleinbürgerlichen Vorurteils. Auf der Grundlage neu erschlossener Materialien schrieb Werner Liersch eine Fallada-Biographie, die alle wichtigen Lebensstationen des Schriftstellers umfasst und unbekannte, zum ganzen Bild Falladas gehörende Züge aufspürt. Neben Falladas Niederlagen steht seine Selbstbehauptung in einem zerrissenen Halbjahrhundert. Das Scheitern des jungen Mannes zeigt seinen antibürgerlichen Protestcharakter. Der scheinbar unpolitische Verfasser des Erfolgsromans „Kleiner Mann – was nun?“ erweist sich als engagierter Publizist in der Weimarer Republik und Mitglied einer Arbeiterpartei. Er trägt 1933 zur Flucht Brechts bei und bleibt doch selber im Lande. Filme für Emil Jannings und Zarah Leander werden bei ihm in Auftrag gegeben und er vom Verschwinden in einer Anstalt bedroht. An der Wende des Jahres 1945 beteiligt er sich als Bürgermeister und Romanautor. Werner Liersch hat eine Schriftstellerbiographie geschrieben, die selber ein Stück Literatur ist.

Verlag Neues Leben, Berlin, 1931

Autorenkollektiv (Ltg. Bruno Krüger): Die Germanen – Geschichte und Kultur der germanischen Stämme in Mitteleuropa (Band 2)


 Vom 3. Jh. u. Z. an gingen die germanischen Stämme dazu über, sich zu größeren Verbänden zusammenzuschließen. Alamannen, Franken, Sachsen, Thüringer und Bajuwaren werden seit dieser Zeit überliefert. Sie entwickelten sich, zusammen mit den bereits früher bekannten Friesen, zu den späteren Volksstämmen als Grundbestandteil des deutschen Volkes.

Im zweiten Band des Handbuches geht es insbesondere um die verschiedenen Stufen dieser Verbandsbildung und -festigung. Es werden aber gleichzeitig auch die Grundzüge der Entwicklung der allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse behandelt, die einmal durch der Verfall der gentilen Produktionsverhältnisse und zum anderen durch die Herausbildung von Vorformen feudaler gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse gekennzeichnet waren.

Wie im Band 1 sind auch im Band 2 dieser Veröffentlichung ein umfangreicher wissenschaftlicher Apparat und zahlreiche Literaturangaben enthalten, die zu Einzelfragen und damit zur Vertiefung vieler Sachkomplexe führen.

Akademie-Verlag, Berlin, 2. Auflage, 1986

Ehm Welk: Der Nachtmann – Geschichte einer Fahrt zwischen hüben und drüben. Kein Roman


 Wie Tausende anderer Menschen verlässt auch Thomas Trimm, der Held dieser Geschichte, das Deutschland der Inflation. Es gelingt ihm, auf der „President Wilson“ als Nachtmann angemustert zu werden, und er erreicht auf ihr „Gottes eigenes Land“. Mit ihm fährt eine Gruppe blinder Passagiere. Mit ihm reist auch eine Ladung Kognak, die in die „trockenen“ Staaten, in das Land der „Prohibition“, geschmuggelt werden soll. Ein internationaler Rauschgiftring hat den Luxusdampfer der United States Lines zum Transport von Heroin auserkoren.

Meisterhaft schildert Ehm Welk das Leben auf dem Schiff, die Mannschaft und die Offiziere, die Zwischendeckpassagiere und die Reisenden Erster Klasse. So wird das Schiff zum verkleinerten Abbild der amerikanischen Gesellschaft der zwanziger Jahre.

„Kein Roman“ lautet der Untertitel des Buches; dieser Hinweis wird erst demjenigen verständlich, der weiß, dass in dieses Werk viel Selbsterlebtes eingeflossen ist, der weiß, dass sein Autor in den zwanziger Jahren selber eine Fahrt von „hüben nach drüben“ unternahm.

VEB Hinstorff-Verlag, Rostock, 9. Auflage, 1968

Bertolt Brecht: Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar – Romanfragment


 Caesar ist ein ebenso waghalsiger Abenteurer wie dunkler Ehrenmann, der eine feine Nase dafür hat, dass die Zeit der adligen Grundherrschaft vorbei, dass der Tag der großen Finanzbourgeoisie angebrochen sei. Er verbündet sich mit den Geldmännern, er setzt in seinen politischen Spekulationen auf sie – und er gewinnt. Die Geldmänner brauchen ein politisches und militärisches Werkzeug, um ihre Interessen gegen die alten, verknöcherten, traditionellen, junkerlichen Senatoren durchzusetzen, und Caesar verkauft sich als solches Werkzeug. So macht er, besonders nachdem er sich in den Jahren seiner spanischen Statthalterschaft als intelligentes Instrument der Interessen des römischen Finanzkapitals bewährt hat, seinen raschen Aufstieg.

Brechts Caesarbiographie wäre um ihr ganzes zeitsymbolisches Gewicht gebracht, wenn auch nur ein Zug daran erfunden wäre. Der Dichter muss in der Haltung des Wissenschaftlers an seinen Gegenstand herantreten.

Soviel die vorliegenden Bruchstücke des Romans erkennen lassen, ist Brecht in diesem Punkte durchaus zuverlässig. So entsteht dann auch der Eindruck äußerster Verdichtetheit und Realitätsmacht: der Fall Caesar scheint endgültig geklärt. (Ernst Niekisch)

Aufbau-Verlag, Berlin, 1963
Schutzumschlag: Werner Klemke

29 April 2021

Arnold Zenkert: Zähl die heitren Stunden nur – Sinnsprüche auf Sonnenuhren


 Es gibt in der Welt nichts Gleichgültigeres als die Uhr: Sie schlägt ebenso regelmäßig in den Minuten Eurer Geburt wie in den Minuten, in denen ihr begierig die Blumen Eurer Jugendträume pflückt. Vom Augenblick seiner Geburt geht der Mensch mit jedem Tage dem Tode entgegen. Und wenn Ihr im Todeskampf röcheln werdet, so wird die Uhr ruhig ihre Sekunden zählen. Hört nur hin auf dieses kalte Zählen! In ihrem Klang liegt etwas Allwissendes und etwas Müdes von diesem Wissen. Nichts ist der Uhr zu teuer, nichts mag sie aus der Ruhe bringen. Sie bleibt gleichgültig und kalt.

Doch wir, die wir das Leben voll und schön leben wollen, müssen uns eine andere Uhr verschaffen. Eine neue Uhr voller Empfinden, voller Gedanken und Wirksamkeit, soll sie uns das langjährige, eintönige, das Gemüt verstimmende, die Seele tötende, das vorwurfsvolle Schlagen der alten Uhr ersetzen. (Maxim Gorki)

Eulenspiegel-Verlag, Berlin
2. Auflage, 1985 (1. Auflage 1983)
Illustrationen von Rudolf Peschel.

Dietmar Beetz: Weißer Tod am Chabanec


 Mitten im Wald trifft Johann Schlichter auf die Frau, auf Helena. Sie müht sich ab, einen Toten fortzutragen. Eigentlich müßte Schlichter vorbeischleichen. Er ist Kurier, und sein Auftrag eilt. Aber er bringt es nicht fertig, denn er sieht, die Frau ist am Ende ihrer Kräfte. Plötzlich sind Männer da. Schlichter weiß, es ist der Schwarze mit seiner Bande. Sie sind Partisanen, Freunde eigentlich. Doch sie sind auch Anarchisten, undiszipliniert, schwer berechenbar. Was werden sie tun, wenn sie entdecken, daß er Deutscher ist? Was wird aus dem Auftrag? Kann Helena helfen? Sie kennt die Männer, und sie scheint Freunde unter ihnen zu haben. Der Autor erzählt in diesem Buch von den Erlebnissen und Konflikten zweier Deutscher, die am slowakischen Freiheitskampf teilnehmen.

Verlag Neues Leben Berlin 1979
Spannend erzählt Nr. 156
Illustrationen: Karl Fischer

Julius Mader: Der Banditenschatz – Ein Dokumentarbericht über Hitlers geheimen Gold- und Waffenschatz

Es fehlte nicht an Versuchen, dem legendenumwobenen Toplitzsee jenes Geheimnis zu entreißen, das SD-, SS- und Marinekommandos ihm 1944/45 anvertrauten. Zwielichtige Gestalten verunglückten dabei unter mysteriösen Umständen, überraschende Vorfälle auch bei den Bergeaktionen eines westdeutschen Teams 1959 und der österreichischen Regierung 1963! Das „Stern“-Unternehmen fand ein jähes Ende, als die Kiste „B 9“ aus des „Teufels Mülleimer“ gehoben war. Nicht die erwarteten „Blüten“ aus der ungeheuerlichsten Falschgeldaktion der Geschichte – dem SS-Unternehmen „Bernhard“ -, sondern ein „Sprengstoff“ besonderer Art war gefunden: Geheimakten des Reichssicherheitshauptamtes. Warum wurden zahlreiche Fundstellen nicht mehr bereinigt? Auch die österreichische Regierung vermochte nicht den Beweis zu erbrinden, dass Himmlers feuchter Tresor endgültig geleert wurde: Die Suche erfolgte mit unzureichenden technischen Mitteln und ungeübten Leuten; der zuständige Sicherungsbeamte erwies sich als faschistisch belastet: eine Dokumentenkiste verschwand im Schlamm …

„Der Banditenschatz“ ist ein aufschlussreicher Dokumentarbericht über der Öffentlichkeit unbekannt gebliebene Tatsachen, Hintergründe und die großen Unbekannten eines noch nicht abgeschlossenen Kapitels deutscher Geschichte und westdeutscher Wirklichkeit.

Ein dänischer Journalist nannte ihn in der Zeitung „Land og Folk“ einen „antifaschistischen Detektiv“, der „Ministersessel wackeln“ lässt; die englischsprachige Zeitschrift „Democratic German Report“ bezeichnete ihn als einen „Amateurdetektiv“, der Spuren fand, wo Chefinspektor Rudkin von Scotland Yard und sein Gehilfe Chutburn ratlos waren.

Da von ihm neben zahlreichen Artikeln in 32 Zeitungen und Zeitschriften der DDR, des sozialistischen und kapitalistischen Auslandes in vier Jahren nicht weniger als fünf Bücher veröffentlicht wurden, u.a. „Die graue Hand“, „Jagd nach dem Narbengesicht“, „Geheimnis von Huntsville“, die in neun Sprachen übersetzt und – ohne Zeitungsnachdrucke – in einer Gesamtauflage von 2 Mio. Exemplaren gekauft wurden, ist unter seinem Namen mitunter ein Pseudonym für mehrere Autoren vermutet worden.

Wer ist Julius Mader?

Geboren 1928; nach gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien leitende Tätigkeit im Binnenhandel; danach mehrjährige Tätigkeit als Redaktionsleiter einer Wirtschaftszeitschrift der DDR; seit 1960 freiberuflicher Journalist.

Deutscher Militärverlag, Berlin, 2. Auflage, 1966 (1. Auflage 1964)

 

28 April 2021

Heinz-Jürgen Zierke: Von einem, der auszog, Napoleon zu schlagen


 Willem Beggerow kletterte hoch in das Fach der Scheune, wühlte sich eine Mulde und zog zwei, drei Garben über sich. Durch die breiten Ritzen der Bretterwand blinzelten ferne Lichtpunkte. Eine sternklare, kalte Frühlingsnacht.

Er konnte nicht einschlafen. Die Erlebnisse dieses Tages hämmerten in seinem Kopf. Er sah den Vater liegen, den Oberkörper gekrümmt, die eine Hand auf der Brust, wo die Kugel saß.

Beggerow zieht in den Krieg gegen die Napoleonische Fremdherrschaft, um seinen Vater zu rächen. Spät erst erkennt er: Nicht alle Franzosen sind seine Feinde; nicht alle, die mit ihm gegen Napoleons Armee kämpfen, sind seine Freunde. Das Volk muß die Waffen gegen die eigenen Herren richten.

Der Kinderbuchverlag Berlin, 1987

Peter Gerds, Wolf-Dietrich Gehrke: Vom Fischland in die Welt


 Ein Beitrag zur Geschichte der Schiffahrt und des Schiffbaus in Ribnitz, Damgarten und Barth, auf dem Fischland, dem Darß und dem Zingst.

Hinstorff-Verlag Rostock, 1. Auflage 1984

ohne Autor*in: Von Spaßvögeln, Witzbolden und Schelmen


 Von Spaßvögeln wird hier erzählt, von Witzbolden und von Schelmen, von Narren, falschen Gespenstern und aufschneidenden Abenteurern – Geschichten aus neun Jahrhunderten und vielen Ländern. Dem Baron Münchhausen begegnen wir genauso wie Eulenspiegel und Hodscha Nasreddin, wir gehen mit Heinrich Böll ins Konzert oder mit Anton Tschechow ins Theater und lachen (oder ärgern uns?) über die Mißlichkeiten, die dort geschehen, wir amüsieren uns köstlich über die deftigen Erzählungen Boccaccios oder Balzacs, freuen uns, wenn Hebel den Zoll an der Nase herumführt, sind voller Schadenfreude über des Kaisers neue Kleider, von denen Andersen berichtet, schmunzeln über den Berliner Witz Glaßbrenners, werden aber auch nachdenklich gestimmt durch Scholem Alejchem. Nach spätestens der dritten Geschichte haben wir uns festgelesen, und wir werden kaum aufhören wollen, bevor wir nicht alle 56 Autoren dieses Bandes kennengelernt haben.


Einführung

Über ein halbes Hundert Geschichten versammelt dieser Band: Heiteres, Komisches, verschieden in der Sicht auf Leute, Alte und Junge, Damen und Herren, Gerade und Krumme, Ernste und Heitere. Sie sind verschieden aus der Zeit ihres Entstehens her gesehen, unterschiedlich in der Bewertung des Komischen.

Ebenso könnte man auch sagen, daß in vielen dieser Geschichten Trauer und Tragik beieinander stehen, denn eines spiegeln die Geschichten ganz gewiß: Leben, in dem Komisches und Heiteres oft so dicht neben Trauer und Tragik stehen.

Humor weicht dem Ernst des Lebens nicht aus. Er hilft, darin nicht zu vertrocknen und dennoch manch Weisheit anzunehmen. Er hilft, freier zu atmen. Humor ist eben eine besondere Art, sich die Welt zu erschließen, sie zu erleben, in Besitz zu nehmen.

In dieser Sammlung ist die Rede vom betrogenen Bürger, vom Sieg der Weiberlist über dumpfe Eifersucht; Schwankhaftes kommt aus vergangenen Jahrhunderten; Aufschneider und Lügner zeigen das Feuerwerk ihrer Phantasie – wenngleich nicht immer zu ihrem eigenen Nutzen; Deftiges verbreiten die Scholaren, und detektivisch geht es auf Elefantenjagden zu. Es fehlt nicht an Verwechslungen oder dem Ungeschick, mit einfachen Dingen einfach umzugehen. Hohlköpfe, Hochstapler, Hochmütige werden nicht verschont – denn im Eigentlichen geht es um das Gute im Menschen, das Wahre im Leben, das Schöne in dieser Welt. Kunst, die zum Komischen greift, meint und sieht das pralle Leben. Verbergen sich dahinter noch Geist, Verstand, Talent eines Dichters, darf hohes Vergnügen weitab von billiger Unterhaltung erwartet werden. Klangvolle Namen aus der Weltliteratur bringt diese Sammlung. Von vielen wußte man bislang so genau noch nicht, wie sehr sich auch ein Humorist damit verbindet.

Mancher Text mag deshalb unerwartet hier stehen, denn Humor und Lachen sind für jeden Menschen ein ander Ding. Wenn einer mit der Tücke des Objekts, und sei es die unbezwingliche Aufgabe, einen Nagel in die Wand zu schlagen, nicht fertig wird, kann das den einen Leser heiter stimmen, es kann aber auch Mitleid erwecken oder Verachtung provozieren. Das hängt von uns selbst ab; und so wird jede Geschichte in ihrer Wirkung auf uns verschieden sein. Das Ungemach, die Fehler der Hilflosen werden nicht vom Spott getroffen, allenfalls von einem aus Mitleid und Verständnis geborenen Lachen. Spott gilt besonderen Erscheinungen und Gestalten. Er zielt auf Überlebtes, Spießiges, auf Verlogenheit und Unmoral. Hier setzt die Gnadenlosigkeit der Satire, die scharfe Kraft des Witzes ein, die Zerstörung durch Ironie, um der Menschlichkeit willen, den Menschen zuliebe.

Ich kann mich nicht erinnern, Chaplin je lachen gesehen zu haben. Ein Satz von ihm lautet: „Ich glaube an die Kraft des Lachens und des Weinens als Gegengift gegen Haß und Terror.“

Großer und gesunder Humor hat tiefen Ernst als Wurzel.

Rudolf Chowanetz


Verlag Neues Leben Berlin 1983
Schutzumschlag und Illustrationen: Christa Unzner
Mit einer Einführung herausgegeben von Rudolf Chowanetz

Dorothea Renata Budniok: Verschollen auf der Langusteninsel


 Ein schweres Unwetter packte die Insel mit brutaler Gewalt. Die Wogen rollten heran, ihre Kämme brodelten und kochten zu blendendem Gischt. Ein Dröhnen und Brausen erfüllte die Luft, als donnerten unzählige Herden über das Eiland. Gleißend hell wurde es, als Blitz um Blitz vom schwarz verhangenen Himmel niederzuckte. Ein Donnerschlag folgte, als wolle die Erde bersten. Plötzlich stand der Geräteschuppen in hellen Flammen – und noch immer fiel kein Tropfen Regen. Alles verbrannte: die Fanggeräte und die aufgebockten Boote, die Flinten und die Munition, das Heizmaterial und alle Lebensmittelvorräte. – Ratlos standen am anderen Morgen die auf der Langusteninsel Verschollenen vor dem schwelenden Trümmerhaufen. Gab es nun noch eine Rettung für sie? Waren sie nicht hoffnungslos dem Verderben ausgeliefert?

Verlag Neues Leben Berlin, 1. Auflage 1971
Spannend erzählt Nr. 101

Otto Emersleben: Strom ohne Brücke


 Unter wehenden Standarten, im Gepränge ihrer Rüstungen und begleitet von Fanfarenklängen brechen Anfang des Jahres 1540 dreihundertfünfzig Spanier mit einem Troß von dreitausend indianischen Trägern im peruanischen Quito zu einer Expedition auf. Ziel ist das Traumland aller spanischen Eroberer, das Land der Schätze, reich an Gewürzen und Gold, das Land mit den Namen Canela, Eldorado, Curicuri. An der Spitze des Unternehmens steht Gonzalo Pizarro, der jüngste Bruder des berühmt-berüchtigten Konquistadors. Unter großen Entbehrungen und Verlusten gelangt der Zug über die östlichen Anden hinweg bis in die Urwälder des Amazonastieflandes. Hier, am Ufer des Rio Napo, einem Zufluß des Amazonas, läßt Pizarro ein Schiff bauen und schickt es unter dem Befehl seines Stellvertreters Orellana stromab. Es soll so schnell wie möglich mit Proviant für die Zurückbleibenden wiederkehren und sie nachholen. Damit fällt die Entscheidung über das Schicksal der Expedition.

Verlag Neues Leben Berlin, 3. Auflage 1986
Spannend erzählt Nr. 164
Illustrationen: Gerhard Goßmann

Benno Pludra: Vom Bären, der nicht mehr schlafen konnte


 Beginn

Es lebte ein Bär in dem schönen fernen Land Sibirien.
Er war groß und stark, aber sehr gutmütig, und die Tiere der Taiga liebten ihn.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1971
Illustrationen: Ingeborg Meyer-Rey
ABC Ich kann lesen

27 April 2021

Lilija Beljajewa: Sieben Jahre zählen nicht


 Sieben Jahre hat der Bergbauingenieur Prosorow auf Sachalin gearbeitet. Sieben Jahre hat er getrennt gelebt von seiner jungen Frau. Wie er sich nach dieser langen Zeit in dem ihm fremden Milieu der Hauptstadt zurechtzufinden sucht, erzählt Lilija Beljajewa frisch und unkonventionell.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
bb Nr. 411

Peter Goldammer: Schriftsteller über Kleist


 
Diese Dokumentation enthält Essays, Gedichte, Briefe und kurze Notizen bekannter deutschsprachiger Schriftsteller und Publizisten. Beginnend mit Urteilen der Zeitgenossen, spannt sich der Bogen bis zu Originalbeiträgen von Autoren der DDR. Ob Bewunderung oder kritische Distanz, jede Äußerung gibt Denkanstöße zu erneuter produktiver Auseinandersetzung mit Leben und Werk des Dichters.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar

Manfred Hahn (Hg.): Willi Bredel: Spanienkrieg

Band I: Zur Geschichte der 11. Internationalen Brigade

Band II: Begegnungen am Ebro - Schriften - Dokumente


Spanien 1936: Eine junge Volksfrontrepublik kämpft gegen faschistische Rebellen. Hitler-Deutschland und Mussolini-Italien liefern dem Verschwörer Franco Truppen und Waffen; Millionen in aller Welt spüren: hier steht ihre eigene Sache, ihre demokratische, friedliche Zukunft auf dem Spiel. Willi Bredel war einer der Tausenden "Freiwilligen der Freiheit" aus mehr als fünfzig Ländern, die den Spaniern zu Hilfe eilten. Nach seinen Erfahrungen als Kriegskommissar des Thälmann-Bataillons schrieb er 1937-1939, noch während der Kämpfe, die Geschichte der berühmten Bataillone "Thälmann", "Edgar André", "Commune de Paris", "Hans Beimler", "12. Februar" - ein Zeitdokument aus den Anfängen der Volksfrontpolitik und der weltweiten Solidaritätsaktionen, hier zum erstenmal veröffentlicht. Der Weg der "Elften" von den erfolgreichen Abwehrschlachten um das schon verloren geglaubte Madrid bis zur letzten Offensive am Ebro 1938 markiert wichtige Etappen jenes Volkskrieges, erhellt dessen Hintergründe, Erfolge und Niederlagen. Bredel läßt dabei die Spanienkämpfer selbst aus ihrem gegenwärtigen Kampfalltag erzählen. Überzeugender und unmittelbarer als alle Geschichtsschreibung zeigen ihre schlichten Berichte nüchterner Todesmut und Begeisterung, Angst und Lebensfreude, Haß und opferbereite Kameradschaft, kurz, ihre Menschlichkeit. So sind uns hier die scharfen, individuellen Konturen dieser Freiwilligen erhalten, die den Späteren so leicht im Legendären verschwimmen wollen.

Ein Arbeiterschriftsteller, seit vierzehn Tagen Kriegskommissar des Thälmann-Bataillons, erlebt seine erste Schlacht, und nach vier vergeblichen Sturmangriffen der Kameraden ist im Gefechtsstand er allein noch übrig. So muß er, vom Schrecken des Kampflärms noch wie gelähmt, jetzt seinen Mut als Kommandeur zweier Bataillone beweisen ... Ohne künstlerisch zu glätten, schrieb Willi Bredel aus frischer Erinnerung die Erstfassung von "Begegnung am Ebro", die seit 1939 nicht wieder veröffentlicht wurde. Auch heute wirkt der Volksfront-Roman aktuell; im konsequenten militärischen Kampf gegen die Faschisten werden gleichzeitig Vertrauen und Freundschaft zwischen Bündnispartnern geschaffen. Der Leser kann das Erzählte mit der historischen Wirklichkeit vergleichen anhand der zum erstenmal gedruckten Tagesberichte des Kommissars Bredel. Sie bezeugen, mit welchem Elan er sich den ungewohnten, praktischen Aufgaben im Alltag des Krieges widmete. Daneben fand er noch eit und Kraft für Artikel in Frontzeitungen und ausländischen Blättern. So dokumentiert unser Sammelband die Vielfalt der Bredelschen Arbeit für Spanien: Hier hat ein Schriftsteller nach seinen Kräften die Möglichkeiten als Soldat, Journalist und Künstler voll ausgeschöpft.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
Mit 141 Abbildungen und 17 Karten

 

Hannes Hüttner: Pommelpütz


 Beginn

Es waren einmal drei kunstreiche Schlosser namens Peter, Paul und Pommelpütz. Sie konnten alles reparieren, was auf der Welt nur entzweiging, und sie waren so flink, sie hätten eine Lokomotive unter der Fahrt repariert oder einen Wecker, während er klingelte. Das kam, weil sie alle drei goldene Hände hatten.

Der Kinderbuchverlag Berlin, 5. Auflage 1979
Illustrationen: Konrad Golz
ABC Ich kann lesen

Klaus Konjetzky: Poem vom Grünen Eck / Roman Ritter: Lyrisches Tagebuch

Klaus Konjetzky singt ein langes Poem. Er erzählt nicht, er singt. In mehreren Tonarten. Er baut Brecht- und Celan-Echos ein, Tonbandfrüchte aus dem Mietshaus; er speist alles, was ihm paßt, ein in seinen langen langsamen Gesang. Alles wird Literatur ... Gesänge wie der von Konjetzky öffnen die Literatur, erinnern an die frühesten und wichtigsten Aufgaben der Literatur; es sind ,rein' gesellschaftliche und überhaupt nicht isolationistische. Aber kann so ein Gesang noch aufgehen unter denen, die er erreichen sollte? Oder bleibt er unter uns Wünschenden? Es wäre schön, wenn er aufginge, wirklich, schön wär's. - Martin Walser


Ritters Gedichte wirken nie langatmig ... Er extrapoliert nicht aus bestimmten Beobachtungen und Zusammenhängen die Quintessenz heraus; das überläßt er seinen Lesern. Er führt die ganze Breite vor von sinnlichen Wahrnehmungen und Assoziationen. Was sich in diesem Bündel von Eindrücken widerspricht, bleibt widersprüchlich und wird nicht durch politische oder philosophische Phrasen zusammengebogen. Wenn Ritters Lyrik ein so hohes Maß an aufklärerischer und agitatorischer Wirkung hat, dann vor allem durch diese Methode des dialektischen Widerspruchs. Das lyrische Ich weiß auch nicht mehr als der Leser, so scheint es jedenfalls. Das macht die Geschichte so zugänglich. Niemand muß sich dumm vorkommen. - Klaus Konjetzky

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
Mit einer Nachbemerkung von Ursula Reinhold
Edition Neue Texte

 

Heinz Knobloch: Rund um das Buch

Dieses Buch ist kein ordentliches Nachschlagewerk. Aber vielleicht macht es Ihnen gerade deshalb Spaß, in einem Buch von Büchern zu lesen. Wie sie (von Ihnen) behandelt werden und was man dann gegen geknickte Ecken tut. Von Gebrauchsspuren ist zu lesen, die Bücher im Menschen hinterlassen, und umgekehrt. Sie finden auch eine Menge kluger Worte von klugen Leuten über dieses Thema ("Der Umgang mit Büchern ist eine Vorbereitung zum Umgang mit Menschen", Karamsin), und das aus gutem Grund, denn jeder von uns kann einmal in die Verlegenheit kommen, zur "Woche des Buches" eine Wandzeitung füllen zu müssen oder eine Autorenlesung vorzubereiten. Auch dazu gibt es Ratschläge. Der Umgang mit Bibliotheken und Bibliothekarinnen wird behandelt, auch dem Buchhandel gilt mehr als eine kleine Aufmerksamkeit, von Raubdruckern ist zu lesen, von Sammlerfreuden, Illustrationen und anderen Mitteln gegen schlechte Bücher. Was kann einer tun, um auch die Bücher wieder lesen und lieben zu lernen, die ihm in der Schule durch Auswendigleiern und Zerreden vergrault worden sind? Ein Sachregister erleichtert den Gebrauch. 

Dieses Buch hat noch etwas vor anderen voraus: Mit welchen Hintergedanken Sie es auch schenken oder weiterschenken - immer wird man Sie für einen Bücherfreund und Menschenkenner halten. Und wenn Sie es selber lesen, kann es Ihnen nie schlimmer gehen als Heinrich Heine: "Ich las das langweilige Buch, schlief darüber ein, im Schlafe träumte ich weiterzulesen, erwachte vor Langeweile, und das dreimal."

Verlag für die Frau, Leipzig, 1. Auflage 1973

 

26 April 2021

Erich Köhler: Platekatel-Banzkoumirade oder Die Suche nach der verlorenen Stecknadel


 Eine Stecknadel ist verlorengegangen! Roswitha ist bekümmert - wenn nun Tiere zu Schaden kommen! Schwalben begleiten Roswitha auf ihrer Suche, eine dicke Hummel schließt sich an, und sie führen das kleine Mädchen zum LPG-Stall. Aber die Melker und die Lehrlinge haben wenig Verständnis für Roswithas Sorgen. Nur die große Roswitha - die LPG-Vorsitzende - versteht das kleine Mädchen und wird ihm helfen. Doch es ist Sommerzeit, und alle haben viel zu tun. So beginnt Roswitha auf eigene Faust zu handeln.

Der Kinderbuchverlag Berlin
Illustrationen: Peter Nagengast
Für Leser von 8 Jahren an

Planet im Raum – Wissenschaftlich-phantastische Erzählungen aus Rumänien


 Was tut ein Mensch, wenn er sich versehentlich von einem Raumschiff in den Weltraum katapultiert? Und wie reagiert ein Mädchen, daß plötzlich mit der Hand sehen kann? Was aber denkt wohl jener außerirdische Kosmonaut, der auf dem blauen Planeten ganz merkwürdige, rätselhafte, noch dazu aufrechtgehende, mit Vernunft begabte Lebewesen entdeckt?

Rätselhaft und phantastisch, skurril und auch ganz alltäglich sind die Vorgänge, von denen hier erzählt wird. Ihre Spannung beziehen diese Geschichten aus dem Widerspiel des Tatsächlichen mit dem Möglichen, der Wissenschaft mit der Phantasie. Sichtbar wird dabei auch eine originelle Handschrift und eine Vielfalt der Themen, die das beachtliche Niveau der rumänischen wissenschaftlich-phantastischen Literatur belegen.

Verlag Neues Leben Berlin 1972
Spannend erzählt Nr. 112
Illustrationen: Karl Fischer

Wladimir Obrutschew: Plutonien


 Im April 1914 macht sich eine Gruppe russischer Wissenschaftler auf den Weg, um unbekannte Gebiete des nördlichen Polargebietes zu erforschen. Gut ausgerüstet mit Hundeschlitten, Proviant, Zelten, Meßgeräten und Munition, durchqueren die Männer die leblose Eiswüste. Tiefverhangene Wolken, Nebel, Schneestürme und grimmiger Frost sind ihre Begleiter. Plötzlich werden sie Zeugen unbegreiflicher Erscheinungen: Der Kompaß verweigert seinen Dienst, die Temperatur steigt über Null, hinter dem Eisgürtel taucht erneut Tundra auf, die Sonne geht nachts nicht mehr unter, die Erdachse scheint sich zu neigen … Kündigt sich eine Katastrophe an?

Verlag Neues Leben Berlin, 8. Auflage 1988
Spannend erzählt Nr. 4

Herbert Wotte: Magellans Reisen um die Welt

Im 15. Jahrhundert begann das Zeitalter der größten Entdeckungsreisen, das in schneller Folge Europa die übrige Welt erschloß und eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte einleitete. Der Portugiese Diaz war 1496 erstmals um das Kap der Guten Hoffnung gefahren, Kolumbus entdeckte 1492 Amerika, Vasco da Gama segelte 1497 um Südafrika nach Indien, der Engländer Cabot 1497 an Kanadas Küste, aber eine Seefahrt um die Erde hatte noch nicht stattgefunden. Über ein solches Vorhaben konnte man auch nicht offen sprechen, denn noch war nicht gesichert, daß die Erde eine Kugel ist, und die katholische Kirche wachte streng über ihre Gläubigen. Als der Portugiese Magellan 1519 mit einer Flottille von fünf Schiffen in See sticht, soll er für die spanische Krone die an Gewürzen reichen Inseln der Molukken besetzen. Aber Magellan will mehr, er will die Molukken erstmals von Westen her, um Südamerika herum, erreichen; er will immer nur nach Westen segeln und trotzdem wieder in seinen spanischen Hafen zurückkehren. Dann hätte er bewiesen, daß die Erde eine Kugel ist.

Verlag Neues Leben Berlin, 4. Auflage 1984
Spannend erzählt Nr. 123
Illustrationen: Peter Nagengast

Wolf Durian: Lumberjack – Abenteuer in den Wäldern Nordamerikas


 Ich war ein Lumberjack. Der Swamper August und Tscharli, der Jäger, Otto, der Säger, und der Doktor waren dabei und könnten es bezeugen.

Wisst ihr denn, was ein Lumberjack ist? Habt ihr schon gehört von den Swampern, Sawyern, Kenthuckmännern im Wilden Westen? Ich will euch erzählen, wie es gewesen ist. Ich habe nichts hinzugedichtet, es ist alles die reine Wahrheit, wie ich es selber erlebt habe. Meine Erzählung spielt in den Jahren 1911 und 1912, das war vor einem Menschenalter. Seitdem hat sich vieles geändert. Ich erzähle euch, wie es damals gewesen ist, zu meiner Zeit.

Der Kinderbuchverlag, Berlin, 1. Auflage 1956
Illustrator Ruprecht Haller

Hasso Mager: Mord im Hotel


 Plötzlich steht der alte Mann vor dem Kühler. Zum Bremsen ist es zu spät. Der Wagen schleudert ein wenig, als er ihn erfaßt. Das Opfer bleibt verkrümmt vor einem Laternenpfahl liegen. Der Fahrer rast weiter durch die Nacht. Wenig später stirbt das Opfer im Krankenhaus.

Das Stubenmädchen im Hotel "Exzellent" stürzt aufgeregt aus dem Zimmer 1410. Der Gast liegt so eigentümlich bewegungslos in der Badewanne. Der Direktor informiert sofort die Kripo. Die MUK konstatiert: Mord. Bei dem Toten handelt es sich um einen Mann, der Anfang der fünfziger Jahre wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, aber nach 21 Jahren Freiheitsentzug amnestiert worden ist. Seitdem arbeitete er als Monteur.

Die beiden Tötungsverbrechen haben offensichtlich nichts miteinander zu tun. Es bedarf langer, aufwendiger Ermittlungen, bis der Täter einwandfrei identifiziert ist und ein Geständnis ablegt. Dabei erfährt man Erstaunliches, kaum für möglich Gehaltenes.

Hass Mager erzählt in seinem Kriminalroman von einem aufsehenerregenden Fall. Dabei vermittelt er nicht nur tiefgründige Kenntnis von der Arbeit der Kriminalpolizei, sondern gibt auch ein realistisches Bild von der gesellschaftlichen Wirklichkeit unseres Landes und der Psychologie des Täters. "Mord im Hotel" ist ein echter Krimi.

Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig, 2. Auflage 1978

25 April 2021

Klaus Frühauf: Lautlos im Orbit


 In New York betritt ein Mann, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hat, amerikanischen Boden. Nur noch ferne Erinnerungen sind die Kindheitstage in dem kleinen irischen Dorf, die gefährlichen Streifzüge ins englische Armeegelände und die erste Liebe zu Sandy, der Nachbarstochter. Seit jener gräßlichen Nacht, in der ein Toter auf der einsamen Landstraße lag, ist er ruhelos durch Europa geirrt. Doch nun endlich hat er ein Ziel – noch weit entfernt, aber nicht unerreichbar. Es ist das Ziel eines Besessenen: Er will an Bord der Orbitalstation 0dm, auf der angeblich friedlich geforscht wird, von der er jedoch vermutet, daß sie ganz anderen Zwecken dient.

Verlag Neues Leben Berlin, 2. Auflage 1989
Spannend erzählt Nr. 211
Illustrationen Werner Ruhner

Werner Heiduczek: Laterne vor der Bambushütte


 Beginn

"Gute Nacht, Laterne", sagte Jana. Und die Laterne flackerte heller.
"Gute Nacht, kleiner Stern, und fall nicht wieder vom dunklen Himmel herunter." Und der kleine Stern zwinkerte Jana zu, wie er es jeden Abend tat.

Der Kinderbuchverlag Berlin
Illustrationen: Karl-Heinz Appelmann
ABC Ich kann lesen

Nikolai Leskow: Liebe in Bastschuhen

Nikolai Leskow kam erst als Dreißigjähriger zur Literatur, wohlausgerüstet nicht mit Buchwissen, sondern mit gründlicher Kenntnis vom Leben des russischen Volkes. Er suchte und fand seine Helden in den Schneefeldern des Nordens, in den südlichen Steppen, in den Gemächern des Klerus und in Altgläubigensiedlungen, in Kasernenhöfen und Kaschemmen, in Ministerpalästen und Bauernkaten. Er sah und schilderte den Hunger nach Freiheit, nach Selbstverwirklichung, die Willkür der wirtschaftlich Starken und der Bürokratie, die Sehnsucht der Ärmsten der Armen nach Liebe, nach einem menschenwürdigen Dasein. In einer Zeit, da viele Liberale dazu neigten, die Lage im russischen Dorf zu idealisieren, da die Slawophilen die Dorfgemeinde als Keimzelle für eine traditionsverpflichtete Zukunft betrachteten, prangerte Leskow die Zustände auf dem Land an, wo drei Generationen in einem Raum leben mußten, "Schwiegervater-Schwiegertochter-Ehen" und Teufelsaustreibungen nichts Außergewöhnliches waren und die Habgier ein Bäuerlein wie Kostik bewegte, die leibliche Schwester an einen Schwachkopf zu verschachern...


Nikolai Leskow (1831-1895) arbeitete als Schreiber beim Kriminalgericht und am Kameralhof in Kiew; gab nach dem Krimkrieg seine Stellung auf und reiste für eine englische Handelsfirma kreuz und quer durch Rußland; übersiedelte 1860 nach Petersburg mit der Absicht, Berufsschriftsteller zu werden; war ab 1874 im Ministerium für Volksbildung tätig; wurde wegen satirischer Erzählungen über die Korruptheit des Klerus jedoch 1880 aus dem Staatsdienst entlassen; arbeitete in den achtziger Jahren an dem Verlagsunternehmen Posrednik mit, dessen Anliegen es war, dem Volk gute Literatur nahezubringen.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1977
Aus dem Russischen: Günter Dalitz
bb Nr. 380

 

Walter Kaufmann: Irische Reise

 

Ein Sack Saatkartoffeln im kleinen Hafen von Bunbeg verrät es: Noch ist die Familie Kelly nicht umgezogen auf die kleine rauhe, fast verlassene Insel an der irischen Westküste, noch muß sie in ihrem Häuschen im Norden zu finden sein. Walter Kaufmann begibt sich auf die Spur dieser vielköpfigen liebenswerten katholischen Familie und begleitet sie in ihr neues Zuhause.

Hochzeit in Dundalk: Guinness - das schmackhafte schwarze Bier -, Musik, Gesang, Geselligkeit. Sehen Hochzeiten in Irland nicht immer so aus? Nur hier im Süden ist diese Hochzeit möglich, ohne Schüsse oder Bomben fürchten zu müssen: denn die Braut ist katholisch, der Bräutigam Protestant.

"Kein Grund zur Besorgnis, wenn hier Landminen lägen, wäre ich der erste, der's erfährt. Die werden doch nicht ihren Tierarzt opfern", sagt Doc Flannagan. Aber ohne ihn hätte dieser Abstecher in den nordirischen Grenzort, wo gerade wieder einmal ein britischer Offizier entführt und ermordet wurde, ein böses Ende finden können.

Abenteuerlust und Liebe zu diesem Land führten Walter Kaufmann im Jahr 1977 quer durch die grüne Insel Irland.

Der Kinderbuchverlag Berlin, 2. Auflage 1980
Illustrationen von Gerhard Goßmann

Alexander Ebanoidse: Hochzeit auf imeretisch

Alexander Ebanoidses Roman gehört zu den unterhaltsamsten Werken der georgischen Gegenwartsliteratur. Voller Humor, leicht und heiter, mit südlichem Temperament erzählt der Autor vom Landaufenthalt des jungen, unbemittelten Bildhauers Lado, der beinahe mit dessen Zwangsverheiratung geendet hätte.

Die einzigen Kleider, die er besitzt, auf dem Leib, in der Tasche zehn Rubel, und auch die noch gepumpt, so begibt sich Lado über sommerheiße, staubige Straßen nach Imeretien in sein Heimatdorf, wohin ihn seine kranke Großmutter rief. Die Weinbauern empfangen ihn herzlich, jeden muss er besuchen, bei jedem recht viel vom selbstgekelterten Wein probieren. Der Begrüßungstaumel währt einige Tage. Die Großmutter aber ist gesund und munter wie eh und je, ihre angebliche Krankheit war nur ein Vorwand, den Enkel nach Hause zu locken: Man will bei dem berühmten Bildhauer – als solchen hat ihn die Großmutter gepriesen – eine Statue für den Dorfplatz bestellen. Von chronischem Auftrags- und Geldmangel geplagt, sagt Lado zu, doch unglücklicherweise wählt er die schöne siebzehnjährige Tochter eines wohlhabenden Obsthändlers zum Modell; aber nur zum Modell und nicht zur Braut, wie ihr geschäftstüchtiger Vater es gern möchte, der in dem Künstler aus Tbilissi einen vermögenden Schwiegersohn wittert.

Alexander Ebanoidse (geboren 1939 in Tbilissi) studierte am Literaturinstitut „Maxim Gorki“, lebt als freischaffender Schriftsteller in Moskau. Übersetzt aus dem Russischen ins Georgische, veröffentlichte mehrere Erzählungen, 1974 erschien sein erster Roman, „Hochzeit auf imeretisch“.

Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1. Auflage, 1979
bb-Reihe Nr 433

 

Annie Voigtländer (Hg.): Hierzulande - heutzutage - Lyrik, Prosa, Graphik aus dem "Werkkreis Literatur der Arbeitswelt"


 Der "Werkkreis Literatur der Arbeitswelt", eine seit 1970 in der BRD bestehende Vereinigung von Arbeitern, Angestellten und Intellektuellen, berichtet in journalistischen und literarischen Formen aus dem Arbeitsalltag: Gedichte, Prosa, Szenen. Er zeigt die Entwicklung von der reinen Zustandsschilderung bis zum Versuch, Zusammenhänge herzustellen, die menschlichen und materiell-technischen Probleme als gesellschaftliche Probleme bewußtzumachen.

Leseprobe

Ich schreibe unbekannt an Unbekannt
Und hoffe daß mein Schreiben dich erreicht
am Ersten Mai - beim nächsten Streik vielleicht
drückt einer dir ein Flugblatt in die Hand

noch farbfrisch aus der Werkstatt und in Eile
vom Kollektiv verfaßt gedruckt verteilt
oder ein Kampflied - noch nicht ausgefeilt
kein Meisterwerk - wir suchen manche Zeile

wie ein Schlüssel den du irgendwann
verloren hast - der dir verschloßne Türen
und Tore öffnet die ins Freie führen
damit sie keiner mehr verschließen kann

damit dir keiner mehr dein Recht bestreitet
wird die Erfahrung aus der Arbeitswelt
und wem sie nützt zur Diskussion gestellt
Veränderung durch Schreiben vorbereitet

wir greifen an was unantastbar schien
wir leisten Widerstand wir stellen Fragen
beschreiben Siege oder Niederlagen
als Soll und Haben um Bilanz zu ziehn

ich schreibe meinen namen möglichst klein
denn viele stehen vo und neben mir
die schreiben groß - wie ich - das Hauptwort "Wir"
die Welt verändern kann man nicht allein

wir schreiben unbekannt an Unbekannt
aus Ehrgeiz nicht - Gewinn den wir erstreben 
ist Freiheit für ein sinnerfülltes Leben
heißt Mitverantwortung in unserm Land

                                                             Liselotte Rauner


Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
Mit Illustrationen
Mit einer Nachbemerkung von Annie Voigtländer
Edition Neue Texte

24 April 2021

Hans Fallada: Geschichten aus der Murkelei

 Vorwort

Lieber Uli, liebe Mücke und lieber kleiner Achim!

Zuerst habe ich euch diese Geschichten mündlich erzählt, damit das Essen besser rutschte und nicht so langweilig war.
Aber die Geschichten wurden bei jedem Erzählen anders, und das gefiel euch nicht, da musste ich sie aufschreiben.
Die aufgeschriebenen Geschichten konnte euch nur einer vorlesen, nämlich ich, weil kein anderer mit meiner Schrift zurechtkam. Da musste ich euch die Geschichten auf der Maschine tippen.
Das Getippe konntet ihr, Uli und Mücke, nun schon allein lesen, aber da ging der kleine Achim leer aus. Und Getipptes in einem Schnellhefter liest sich auch nicht so gut wie ein gedrucktes Buch.
Da sagtest Du, Uli: „Du lässt ja so viele Bücher von dir drucken, Papa, da kannst du auch diese Geschichten drucken lassen!“ So reisten die Geschichten nach Berlin. Dort wurden sie erst andern Kindern zum Lesen gegeben und auch großen Leuten, damit wir bestimmt wussten, es waren richtige Kindergeschichten. Dann, als alle ja gesagt hatten, wurden sie gedruckt.
Da sagtet ihr Kinder: „Aber es müssen auch Bilder dabei sein, sonst ist es kein richtiges Kinderbuch!“
Nun gingen wir suchen, und schließlich fanden wir den Conny. Der machte die Bilder, genau wie ihr sie euch dachtet.
So war alles beisammen, und das Buch wurde fertig! Und wenn ihr jetzt nicht esst wie der dicke Onkel Willi, dann nehme ich euch auf der Stelle das Buch wieder weg!

Da habt ihr’s -!

Aufbau-Verlag, Berlin, 1961
Illustrationen von Conrad „Conny“ Neubauer.


Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
3. Auflage 1949 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
4. Auflage 1950 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
5. Auflage 1951 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
6. Auflage 1954
9. Auflage 1957 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
12. Auflage 1961 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
13. Auflage 1963 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
14. Auflage 1964 [Ill. von Fritz Fischer]
15. Auflage 1965 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
16. Auflage 1966 [Ill. von Conrad Neubauer-Conny]
17. Auflage 1973 [Ill. von Hans Ticha]
18. Auflage 1978 [Ill. von Hans Ticha]
19. Auflage 1978 [Ill. von Hans Ticha]
Nachdruck 1988 - Nachdruck der 19. Aufl. Berlin, Weimar, Aufbau-Verl., 1978

Illustrationen von Hans Ticha


Theodor Fontane: Grete Minde


 Grete Minde ist Waisenkind und lebt - am Anfang des 17. Jahrhunderts - im Haus ihres Bruders Gerdt und dessen Frau Trud in Tangermünde. Vergebens sucht sie nach Wärme und Liebe in dem Haus des reichen Patriziers, sie findet sie schließlich bei ihrem Jugendfreund Valtin. Und dann gibt es Streit mit dem Bruder, und Grete verläßt zusammen mit Valtin die Stadt. Einige Zeit lang schlagen sich beide als Mitglieder einer Puppenspielertruppe durchs Leben, und sie finden ihr kleines, aber kurzes Glück: Bald nach der Geburt eines Sohnes stirbt Valtin, und Grete konnte ihm nur noch versprechen, nach Tangermnünde zurückzukehren. Der Bruder jedoch bleibt hartherzig, er und der Rat der Stadt verweigern ihr das väterliche Erbe. In ihrer Verzweiflung zündet Grete die Stadt an. Zusammen mit ihrem Kind kommt sie dabei um.

Verlag Neues Leben Berlin, 1983
Kompaß-Bücherei Band 309

Arthur Rimbaud: Gedichte


 A. Rimbaud (1854-1891), das frühreife Dichtergenie, Zeitgenosse der Commune, der Impressionisten, erfüllte ein kraftvoll sensuelles und dynamisches Wirklichkeitsverhältnis, dem er in neuen, ursprünglichen Sprachgebilden und kühnen Metaphern Ausdruck verlieh. Aus radikalem Protest schuf er seine das Unbekannte erobernden Dichtungen, die geprägt sind von neuartiger Wahrheitssuche, von der Vision einer Gemeinschaft jenseits der bürgerlichen Ordnung. Unsere Textauswahl umfaßt etwa ein Drittel von Rimbauds Oeuvre. Den deutschen Fassungen traditioneller Rimbaud-Nachdichter (St. George, K. L. Ammer, G. Haug, A. Wolfenstein, A. Schoenhals), der Celans sowie den speziell für diesen Band geschaffenen Nachdichtungen von F. R. Fries, U. Grüning, K. Möckel, A. Reimann und H. Bartuschek sind jeweils die Originale vorangestellt.

In der Folge von Grosz, Dix, auch Daumier erschließt H. Naumann die gesellschaftskritische Dimension des Dichters; er versinnbildlicht dessen Traum von einem freien, schöpferischen Dasein und macht das gegen Spießertum gerichtete provokant Obszöne bildhaft.

Reclam, Philipp, Leipzig
Das schöne Buch
Ausgezeichnet als eines der „Schönsten Bücher des Jahres 1976“
Zweisprachig

Mit 10 Original-Radierungen (schwarz) und 8 Original-Punzenstichen (grün) von Hermann Naumann. Einmalige bibliophile Ausgabe in 1000 nummerierten und vom Künstler im Impressum signierten Exemplaren. Die 18. Graphik, eine Radierung, wurde vom Künstler ebenfalls signiert und ist dem als Passepartout gearbeiteten Schutzumschlag herausnehmbar unterlegt.

Im Schuber 325,- M

Gabriela Mistral


 Geweihter Staub

Ich habe Augen, habe Blicke: doch Augen und Blicke, die der Tod brach und die in mich zurückströmten, und ich blicke dich an mit ihnen allen.

Ich bin nicht blind, wie du mich nennst.

Und ich liebe; ich bin auch nicht tot. Ich hege in mir die Liebe, die Leidenschaften der Menschen um dich, in mir gestaut wie schwelende Glut; die Gier ihrer Lippen läßt mich noch aufstöhnen.

Gabriela Mistral


Verlag Neues Leben Berlin, 1983
Poesiealbum 187

Autorenkollektiv: Geschichte Berlins von den Anfängen bis 1945


 Die Autoren Dr. Heinz Seyer vom Märkischen Museum („Die geographische Lage Berlins. Ur- und Frühgeschichte“), Prof. Dr. Eckhard Müller-Mertens von der Humboldt-Universität zu Berlin („Die Entstehung Berlins. Die mittelalterliche Stadt“), Prof. Dr. Helga Schultz vom Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR („Residenzstadt im Spätfeudalismus«), Dr. Laurenz Demps und Prof. Dr. Ingo Materna von der Humboldt-Universität zu Berlin (»Preußens Hauptstadt in der kapitalistischen Periode«, »Die Hauptstadt des kaiserlich-imperialistischen Reiches« und »Berlin zwischen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und der Befreiung vom Faschismus«) zeichnen ein anschauliches Bild von Berlin in den vorsozialistischen Gesellschaftsformationen.

Dietz-Verlag Berlin, 1. Auflage, 1987

23 April 2021

Max Herrmann-Neiße: Flüchtig aufgeschlagnes Zelt - Ausgewählte Gedichte


 Max Herrmann-Neiße (1886-1941) gehört zu den bedeutendsten Vertretern des linken Expressionismus. In seinen Gedichten spiegelt sich tiefe Verzweiflung über die bürgerliche Gesellschaftsordnung, die keine Identität und Selbstverwirklichung der Persönlichkeit zuläßt.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
Mit Illustrationen von George Grosz

Walter Kaufmann: Entführung in Manhattan


 Blitzschnell geht die Entführung des 11jährigen Leon Blum vor sich. Die Bande läßt ihm nicht die geringste Chance zur Flucht, und sie verlangt für sein Leben 1000 Dollar. Walter Kaufmann erzählt nüchtern, sachlich, spannungsvoll von dem Leben in der amerikanischen Großstadt.

Der Kinderbuchverlag Berlin
Illustrationen von Angela Brunner
Für Leser von 11 Jahren an

Autorenkollektiv (Ltg. G. Zörner): Frauen-KZ Ravensbrück

Ausgemergelt und hart sind ihre Züge. Hätte sie nicht das Kopftuch umgebunden, wäre nicht das lange Kleid, vielleicht würde der Betrachter in der von dem Bildhauer Will Lammert geschaffenen Skulptur nicht die Frau erkennen. Sie, selbst hungernd und erschöpft, trägt – unter Anspannung ihrer ganzen Kraft – in ihren Armen eine Leidende, Sterbende. Als Symbol der großen Solidarität und gegenseitigen Hilfe der Häftlinge des Frauenkonzentrationslagers steht sie, die Unbesiegbare, die menschliche, helfende und mütterliche Frau auf dem Obelisk, die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück überragend.

Unterstützt von Spenden der Bevölkerung, wurde diese Mahn- und Gedenkstätte auf dem ehemaligen Territorium des Frauenkonzentrationslagers von der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik errichtet. Die DDR, der erste deutsche Arbeiter-und-Bauern-Staat, betrachtet es als eine ihrer vornehmsten Pflichten, das Andenken an die Ermordeten, an die Gequälten und Leidenden zu erhalten. Wachgehalten soll und muss auch werden die Erinnerung an die blutige Fratze des deutschen Faschismus, an das Inferno der Konzentrationslager. Lebendig soll jedoch ebenso das Gedenken an den heroischen Mut vieler Antifaschistinnen bleiben, die unter barbarischen und erniedrigenden Bedingungen den gefährlichen Kampf gegen Krieg und Faschismus in Zuchthäusern und Konzentrationslagern weiterführten.

Für diese heldenhaften Frauen von Ravensbrück schrieb die große deutsche Schriftstellerin Anna Seghers die Worte: „Sie sind unser aller Mütter und Schwestern. Ihr könntet heute weder frei lernen noch spielen, ja, ihr wäret vielleicht gar nicht geboren, wenn solche Frauen nicht ihre zarten, schmächtigen Körper wie stählerne Schutzschilde durch die ganze Zeit des faschistischen Terrors vor euch und eure Zukunft gestellt hätten.“

Dieser Bericht wurde auf der Grundlage von Erlebnissen ehemaliger politischer Häftlinge des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück und der Auswertung von Prozessakten zusammengestellt. Bei der Wiedergabe einiger Erlebnisberichte wurde auf bereits veröffentlichtes Material zurückgegriffen. Die vorliegende Veröffentlichung kann jedoch mangels ausreichender Unterlagen und Dokumente nicht den Anspruch auf lückenlose wissenschaftliche Darstellung erheben. Das Autorenkollektiv dankt einigen Kameradinnen der Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Ravensbrückerinnen für ihre wertvollen Hinweise.

Mit der Herausgabe dieses Büchleins erfüllen die Überlebenden von Ravensbrück das ihren ermordeten Kameradinnen gegebene Versprechen: wahrheitsgemäß von ihren Leiden, von ihrem Tod, aber auch von ihrer Solidarität und ihrem antifaschistischen Kampf zu erzählen.

Nie wieder, so schworen die Ravensbrücker Kameradinnen, nie wieder sollen faschistische und reaktionäre Kräfte in Deutschland zur Macht gelangen. Immer müssen die friedliebenden, die humanistischen und fortschrittlichen Menschen mit allen ihren Kräften gemeinsam für ein glückliches Leben ihrer Familien, für eine sichere Zukunft im Sozialismus eintreten.

VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, 2. Auflage, 1973

 

22 April 2021

Maxim Gorki: Ein Sommer


 Dem Laster verfallen ist der Landpolizist eines kleinen russischen Dörfchens. Unheimlich ist der Anblick dieses Menschen, der im Dienste einer gewalttätigen Obrigkeit steht; gemein und niedrig wie seine Ausdrucksweise ist auch sein Wesen. Meist steht er unter dem Einfluss des Branntweins, stellt den Frauen des Dorfes nach und wird gerade deshalb besonders gefürchtet. Nun soll seinem bösen Treiben ein Ende bereitet werden: Aber die beiden mutigen Männer, die – vor nichts zurückschreckend – diesen schlimmen Feind des Dörfchens unschädlich machen wollen, kommen zu spät. Eine junge Frau hat der Unmensch umgebracht und dann, voller Angst vor der Vergeltung, sich selbst das Leben genommen. Von einem Tyrannen sind die Bewohner des Dorfes befreit, Herren ihres Daseins sind sie noch nicht.

Aufbau-Verlag, Berlin, 1958
Umschlag von Ernst Jazdzewski

Erich Schmitt: Ein Planet wird gesucht


 In einem internationalen Kinderferienlager beschließen vier junge Freunde, vor dem Schlafengehen noch eine kleine Bootsfahrt zu unternehmen. Pedro, Udo, Micha und die kleine Moc haben sich aber bei der Lagerleitung nicht abgemeldet. Und dann begegnen sie einem Raumschiff…

Der Kinderbuchverlag, Berlin, 1. Auflage, 1984
Illustrationen von Erich Schmitt.

Richard Wagner: Eine Pilgerfahrt zu Beethoven


 Richard Wagner berichtet, wie er als armer Komponist in Frankreich mit anderen Musikern nicht zurecht kam, er selbst nach Wien wollte, um Beethoven kennenzulernen. Ihm mangelte es an allem, er sagte, das Brot sei zu trocken und die Getränke zu wässrich. Um aber nach Wien zu kommen, komponierte er Schund, und Schund ließ sich bekanntlich meistens gut verkaufen. Er schämte sich zwar, Musik zu komponieren, die vom Musikverleger verlangt wurde, doch er biss in den sauren Apfel und komponierte gegen seine Überzeugung. So verdiente er etwas Geld, um die Pilgerfahrt nach Wien zu Beethoven zu ermöglichen.

Verlag der Nation, Berlin
Vignette von Max Schwimmer.

21 April 2021

Alexander Blok: Die Zwölf


 Obgleich der russisch-sowjetische Lyriker A. Blok (1880-1921) sein Poem nicht als „politische Verse“ verstanden wissen wollte, erfaßte er auf atemberaubende Weise das Phänomen der Oktoberrevolution. Der straffe Rhythmus ergreift den Leser, es ist fast so, als marschiere man mit in der Patrouille Rotgardisten, denen Christus voranschreitet. Von Majakowski als „Musik“ der Revolution, als „Poem der Zukunft“ gefeiert, revolutionierten diese stilistisch heterogenen Gesänge – eine souveräne Kreuzung von Umgangsdialogen, Losungsformel, Soldatentschastuschka, Abschiedsklagelied, Marsch und Romanze in einem Zeit- und Weltanschauungsgedicht – die alten Vorstellungen von den Möglichkeiten der Poesie. Mit einmalig rhythmischer Virtuosität hat P. Celan diese „monumentale Tschastuschka“ (O. Mandelstam) ins Deutsche gebracht.

R. Münzner gestaltet in seinen Lithografien das Gewaltige des Geschehens und gibt dem Poem eine expressiv-emotionale Deutung. Prof. W. Schillers Buchgestaltung macht den Band, den wir dem 60. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution widmen, zu einer buchkünstlerischen Kostbarkeit.

Reclam-Verlag Leipzig, 1. Auflage 1977
Das schöne Buch
Zur Internationalen Buchkunst-Ausstellung Leipzig 1977

Klára Jarunkovà: Die Zunge, die nicht sprechen wollte


 Die bekannte tschechische Autorin wendet sich in sechs kurzen Erzählungen an die Kinder der ersten Schulklassen. Mit großer Behutsamkeit und freundlichem Humor nimmt sie ihre kleinen Schwächen unter die Lupe. Sie zeigt ihren Lesern: Bummelei, Ängstlichkeit, Prahlerei, Unfreundlichkeit und Vergeßlichkeit haben in der Schule nichts zu suchen.

Der Kinderbuchverlag Berlin
Aus dem Slowakischen von Karl-Heinz Jähn
Illustrationen: Irena Tarasováq
Für Leser von 6 Jahren an

Michael Szameit: Drachenkreuzer Ikaros


 Die Zeit der Drachenkreuzer, jener im Sonnenwind segelnden Forschungsraumschiffe, ist eigentlich längst vorbei, denn die Sonne wird nun von der Erde aus mit modernsten Geräten erkundet. So existiert nur noch die Ikaros, deren Mannschaft trotz mancher Auseinandersetzung fest zusammenhält und das einstige Flaggschiff nicht verlassen will. Und als plötzlich verderbenbringende Sonnenaktivitäten die Erde bedrohen, erhält auch die Ikaros einen neuen, gefährlichen Auftrag. Doch kurz vor dem entscheidenden Einsatz geschehen seltsame Dinge an Bord. Hendrikje Greiff und Hermel Goff, zwei junge Wissenschaftler, versuchen die Geheimnisse zu enträtseln.

Verlag Neues Leben Berlin 1987
Spannend erzählt Nr. 209
Illustrationen: Hans-Christoph Rackwitz

20 April 2021

George Payne Rainsford James: Die Rächer vom Sherwood


 

To

James Milnes Gaskill, Esqu.

Parlamentsmitglied

MEIN VEREHRTER SIR!

Indem ich Euch ein Buch darbringe, welches, fürchte ich, Eurer günstigen Aufnahme kaum würdig ist, kann ich nicht umhin, mein Bedauern darüber auszusprechen, dass mir keine anderen Mittel zu Gebote stehen, meine Hochachtung gegen einen Mann an den Tag zu legen, der jederzeit die freundlichsten Gesinnungen gegen mich und meine Werke gezeigt hat.

In dem Euch vorliegenden Roman werdet Ihr viele Szenen finden, die Euch bekannt und vertraut sind – in der Geschichte sowohl als in der Natur. Eines aber wird Euch vielleicht einigermaßen überraschen: Wir sind so sehr daran gewöhnt, in Balladen und Geschichtsbüchern den Helden des Waldes, Robin Hood, in die Zeit Richards I. gesetzt zu sehen, dass es vielleicht etwas anmaßend von mir erscheinen dürfte, wenn ich ihn als unter der Regierung Heinrichs III. lebend und handelnd darstelle. Aber ich glaube, wenn Ihr Euch bei den alten Historikern umseht, werdet Ihr finden, dass er ein englischer Yeoman von ausgezeichnetem Geist war, wie ich ihn dargestellt habe, aller Wahrscheinlichkeit nach geächtet wegen seiner Anhänglichkeit an die damalige Volkspartei und teilnehmend an dem bedeutungsvollen Kampf zwischen dem schwachen und tyrannischen König Heinrich III. und dem großen, außerordentlichen Simon de Montfort, dem Grafen von Leicester.

Was die Anlage und Ausführung meiner Geschichte betrifft, so wünschte ich, sie wäre besser. Ich denke indessen, dass sie einige ansprechende und ergreifende Schilderungen aus jener Zeit enthält, und hoffe, dass sie geeignet ist, Euer Interesse einigermaßen auf sich zu ziehen.

Genehmigt, verehrter Sir, die Versicherung, mit welcher ich immer bin

Euer aufrichtiger Diener

GEORGE PAYNE RAINSFORD JAMES

1842


Verlag Neues Leben, Berlin, 4. Auflage, 1972 (1. Auflage 1958)
Spannend erzählt Nr. 28
Illustrationen von Gerhard Goßmann.